Basiswissen Wellensittiche Teil 2 – Überlegungen vor der Anschaffung

In diesem Beitrag geht es um die wichtigsten Überlegungen vor der Anschaffung von Wellensittichen. Bevor man sich Tiere ins Haus holt, muss man sich im Klaren darüber sein, was einen erwartet. Denn ein Tier zu besitzen, bedeutet eine jahrelange Verpflichtung einzugehen.

Je größer das Tier ist, desto länger wird nachgedacht. Bei Kleintieren wie Hamstern, Mäusen oder eben Wellensittichen scheinen viele dies allerdings nicht zu tun. Nicht nur wegen des geringen Anschaffungspreises, sondern auch wegen falscher Vorstellungen wird schnell mal voreilig ein (oder besser zwei) Tiere besorgt. Und bei einem Kleintier kann man ja eigentlich nicht so viel falsch machen oder sich finanziell übernehmen! Oder etwa doch?

Wellensittich Kinder 1997
1997

Man muss sich vor der Anschaffung gründlich überlegen, ob Wellensittiche nicht nur heute, sondern auch noch in 10 oder 15 Jahren zur aktuellen Lebenssituation passen – denn Wellis können so alt werden! Für Kinder sind Wellensittiche unter anderem aufgrund der langen Lebensdauer eher nicht zu empfehlen, gerade wenn man als Eltern keine große Bindung zu den Tieren hat und sich nicht hauptverantwortlich darum kümmern möchte. Mein zweiter Wellensittich, Mäxchen, verdeutlicht sehr gut, was ich sagen will: Ich habe ihn bekommen, als ich in der 4. Klasse der Grundschule gewesen bin und er ist im Alter von 11 Jahren gestorben, als ich bereits im 3. Semester meines Studiums an der Universität war!

Wellensittich männlich mit junger Frau 2007
2007

Glücklicherweise hatte meine Mutter all die Jahre täglich ein Auge auf Mäxchen geworfen, sodass er auch versorgt wurde, als ich draußen Hopse spielte, pubertär bockig im Park abhing oder später zwischen Berlin und Rom pendelte. Aus dem 10 Jährigen Schulmädchen ist eine junge Frau geworden, die kurz vor ihren Auslandssemestern stand und darüber hinaus auch gerne reiste…

Die gleichen Gedanken sollte man sich auch bei alten Leuten machen; es ist keine gute Idee seiner Omi zur Gesellschaft zwei Wellensittiche zu kaufen, wenn man weiß, dass sie kaum selber für sich sorgen kann, vergesslich ist und bald in ein Pflegeheim kommt. Klingt brutal, aber man tut am Ende niemandem einen Gefallen: weder der überforderten Oma und schon gar nicht den Vögeln.

Mit der langen Lebensdauer kommen auch Kosten einher, die bei einem solch kleinen Vögelchen leicht unterschätzt werden. Daher folgt nun ein beispielhafter Kostencheck für zwei Wellensittiche über 10 Jahre.

  • Anschaffungskosten eines Pärchens: ca. 70 Euro / einmalig
  • Artgerechter Käfig: ca. 200 Euro / einmalig
  • Eingangsuntersuchung beider Wellensittiche: ca. 70 Euro / einmalig
  • Futterkosten: ca. 10 Euro / monatlich
  • Einstreu/Sand: ca. 15 Euro / monatlich
  • Spielsachen/Spielplätze: ca. 100 Euro / jährlich
  • Sonderausgaben für Tierarzt, Urlaubsbetreuung, etc.: ca. 200 Euro / jährlich

In 10 Jahren kommen nach dieser (erfahrungsgemäß recht idealistischen) Rechnung rund 6.400 Euro zusammen. Hättet ihr das gedacht? Diese Summe muss man vor der Anschaffung im Kopf haben und berücksichtigen. Gerade bei den Tierarztkosten darf man nicht am falschen Ende sparen. Wer die Verantwortung für ein Tier übernommen hat, muss sich auch in schweren Zeiten darum kümmern und dafür sorgen. Die 200 Euro sind ein Durchschnittswert: Es kann Jahre geben, da zahlt man nichts oder nur mal 15 Euro für die jährliche Kontrolle inklusive einmal Krallenschneiden pro Vogel. Und dann gibt es Jahre, da ist die 200 Euro-Rechnung nur eine von vielen. Für meine Chiocciolina, die chronisch mit den Nieren zu tun hatte, habe ich unzählige Tierarztbesuche durchgemacht sowie eine Dauermedikation, die auch nicht umsonst war. Das Finale war ein Tierarztmarathon nach einem Krampfanfall mit stationärem Aufenthalt, Röntgenbildern und Blutanalysen. Da kamen in einem Monat 1500 Euro zusammen. Oft kann man es vorher nicht kalkulieren, da eine Diagnose den Anstoß zu weiteren wichtigen Untersuchungen gibt. Wenn man schon Jahre lang mit seinem Tier zusammenlebt, dann hofft man auf eine Behandlung und schöpft alle Möglichkeiten aus. Die Entscheidung zur Euthanasie treffen sowohl Halter als auch Tierarzt nur im Fall der medizinischen Aussichtslosigkeit – nicht aber, weil der Halter keine Lust mehr hat oder keine finanziellen Mittel mehr locker machen möchte! Viele Wellensittiche sterben auch, weil die Besitzer nicht zum Tierarzt gehen wollen. Und das ist leider keine Seltenheit!

Natürlich sollte man neben der Kostenfrage noch weitere wesentliche Aspekte beachten:

  1. Wellensittiche brauchen viel Platz für ihren täglichen, besser sogar ganztägigen, Freiflug im Zimmer.
  2. Wellensittiche sind sehr laut und von früh bis spät immer am Brabbeln. Gemütliches Sitzen mit Freunden oder ein Fernsehabend hat also immer eine gewisse Geräuschkulisse, gegen die man lautstärketechnisch ankommen muss.
  3. Die süßen Minipapageien machen eine Menge Dreck und Knabbern gerne alles an – auch Tapeten oder Einrichtungsgegenstände. Tägliches Putzen und Saugen bleibt auch einem „Nur-zwei-Wellis“-Haushalt nicht erspart.
  4. Wellensittiche sind keine Kuscheltiere und nur sehr wenige Individuen fassen Vertrauen zu ihren Haltern und kommen gerne auf die Hand oder sitzen auf der Schulter.

Bei der Überlegung zur Anschaffung sollte man sich daher ehrlich fragen, ob es für einen in Ordnung ist, dass die Wellis vermutlich Zeit ihres Lebens eher Tiere zum Anschauen als zum Spielen oder gar Kuscheln sein werden. Auch das ist ein Grund, weshalb ich Wellensittiche nicht für Kinder empfehle. Es ist aber nicht nur für Kinder, sondern auch für viele Erwachsene sehr frustrierend, wenn man quasi „fliegende Goldfische“ hat, für die man Geld ausgibt und dann nur die Putze spielen darf. Während bei Vögeln von Kindern oftmals die Eltern die Reißleine ziehen und die Tiere (rechtzeitig) abgeben, dümpeln bei Erwachsenen die Vögel oft Jahrelang in einer Ecke vor sich hin. Ob es Scham ist oder infantile Bockigkeit, Verkennen der Situation oder pures Desinteresse – die schlimmsten Vermittlungsfälle kommen in der Regel nicht aus Kinderzimmern!

Anonyme Umfrage nicht vergessen 😉

2 Gedanken zu “Basiswissen Wellensittiche Teil 2 – Überlegungen vor der Anschaffung

  1. Ich wollte jetzt sagen, meine Stimme ist garantiert nicht aussagekräftig, da ich ja ein ganzes Zimmer voll „Pflegefälle“ habe, die entsprechend viel Tierarztkosten einbringen, aber anscheinend bin ich doch nicht soooo ungewöhnlich in den Ausagben. Aber nee, 500 Euro im Jahr reichen bei uns garantiert nicht.

    • Ist bei uns ja nicht anders. Ich habe mal grob überschlagen… häng an die 500 eine Null dran und dann sind wir gut dabei. Aber ich habe für die Umfrage überlegt, in welchem Bereich sich der Standardwellihalter mit 2-4 Tieren jährlich bewegt. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse 😊

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