Handicap-Wellensittiche Teil 3: Erfahrungsberichte

Im dritten Teil der Mini-Serie über Handicap-Wellensittiche lasse ich einige Halterinnen zu Wort kommen. Mit kreativen Einrichtungsideen und sehr viel Liebe zum Detail wurde Käfige zu Spielparadiesen umgebaut, damit auch körperlich eingeschränkte Tiere aktiv am Schwarmleben teilnehmen können.

Die wenigsten Tierhalter planen von Anfang an, gehandicapte Wellensittiche aufzunehmen. Meistens „rutscht man da so rein“. Da auch die Umstände, der Krankheitsgrad des Tieres und auch das Wohnumfeld sehr unterschiedlich sind, ist es sehr hilfreich, sich als Halter von Handicap-Vögeln in einer Gruppe wie „Wellensittiche -Senioren & Handicaps“ auszutauschen. In gemeinschaftlicher Arbeit ist folgendes Video entstanden.

Neben den Videos und Bilder haben engagierte Wellensittichhalterinnen auch ihre Erfahrungen zu Papier gebracht und möchten ihre Ideen, Tipps & Wissen mit euch teilen. Den Anfang macht Annett, die Erfahrungen in der Einrichtung von behindertengerechten Käfigen hat: „Unser gehandicapter Max ist an PBFD erkrankt und hat daher einen großen Gefiederverlust und zudem eine Blutgerinnungsstörung. Er wird im August zwei Jahre alt und konnte noch nie fliegen… [weiter lesen].“

Mäxchen ist leider am 30. Januar 2017 verstorben.

Eigentlich sollte es eine kurze Mail an mich werden, um die Bilder für das Video zu beschreiben. Heraus kam ein ehrlicher und authentischer Erfahrungs- und Erlebnisbericht von Melanie. In ihrem Beitrag erfährt man auch von den Schattenseiten der Tierhaltung, den Kosten und das Leid, das Vogel und Tierhalter durchmachen. Melanie: „[…] Als ich eines Tages die Wohnung verlassen wollte, bin ich beinahe über einen Vogelkäfig gestolpert, der vor meiner Tür stand. Und da saßen nun zwei hübsche, offensichtlich noch junge Nymphensittiche! Ich habe es nie wirklich herausgefunden, wer sie mir vor die Tür gestellt hat… [weiter lesen].“

Ob Ballengeschwüre oder Arthrose: Als Halter von „fußkranken“ Vögeln sollte man unbedingt die Sitzstangen polstern. Das ist aber gar nicht so leicht, wie man denken könnte, da das Material fussel- und schlingenfrei sein muss, damit sich die Tiere darin nicht verheddern. Einen tollen Tipp sowie Links und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bekommen wir von Natascha: Anleitung hier lesen.

Manche Wellensittichhalter haben sehr schwerwiegende Fälle zu betreuen. So auch Tatjana: „Ich habe einen Wellensittich (meine Maggi), die es wirklich schlimm getroffen hat. Ein Fundtier aus dem Tierheim Ulm. Am Anfang dachten alle an ein Schleudertrauma, aber weil sie noch fraß und auf der Stange sitzen konnte, hat man sie nicht eingeschläfert. Also holte ich sie zu mir, ohne genau zu wissen, was ihr fehlt. Bei meinem vkTA konnten wir ein Augentrauma feststellen und das sie nichts hören kann. Sie sieht zwar, aber nur undeutlich. Er fragte mich auch direkt, ob man sie nicht erlösen solle, da so ein Leben für ein Welli nicht schön sei. Ich lehnte ab und wollte mich nicht damit abfinden, dass für sie nicht wenigstens eine Verbesserung zu erreichen war. Dazu muss man sagen, das sie es echt schwer hat mit der Orientierung hat und sich ständig im Kreis dreht. Da sie nichts hört und kaum was sieht, erkennt sie auch meine anderen Wellis nicht. Medikamente halfen alle nicht oder nur unwesentlich. Ich baute ihr ein Freigehege in meinem Vogelzimmer. Mit geschütztem Raum und sie kann direkt auch raus und auf dem Boden rumlaufen. Ich bastelte Spielplätze in Bodenhöhe und beobachtete sie. Am Anfang hatte sie es wirklich schwer sich zureckt zu finden. Aber Klettern konnte sie prima. Also sammelte ich sie bis zu 5mal am Tag wieder ein und brachte sie in ihren geschützen Bereich zurück. Mittlerweile fanden meine anderen fliegenden Wellis die kleine auch sehr nett und fingen an Kontakt aufzunehmen und sich um sie zu
kümmen. Da Maggi sie nicht erkannte, schimpfte sie immer sehr deutlich wenn einer der Wellis ihr zu nahe kamen. Aber mittlerweile klappt es sehr gut. Sie hat jetzt immer einen Aufpasser (einer aus 18 Wellensittichen) dabei. Immer mal ein Anderer. Läuft sie in eine Sackgasse, wird sie liebevoll am Schnalbel geführt. Ist sie unsicher ob sie weiter kommt, wird sie leicht angestupst. Und sie findet selber zu ihrem geschützten Bereich zurück um zu fressen und Wasser aufzunehmen.“

Maggi ist leider im September 2016 überraschend verstorben.

 

7 Gedanken zu “Handicap-Wellensittiche Teil 3: Erfahrungsberichte

  1. Du hast da wirklich tolle Berichte geschrieben! *Daumen-hoch* Meine kleine Marley hatte sich mal den Fuß beim Toben eingeklemmt und diesen beinahe verloren. Zum Glück bin ich noch rechtzeitig gekommen und gleich mit ihr in eine Tierklinik gefahren. Nachdem 3 Horrortage überstanden waren und zu 80 % sicher war, dass sie den Fuß behält, fragte mich doch tatsächlich eine (inzwischen nicht mehr) Freundin, ob es das denn wert gewesen wäre (die Tierarzt- und Medikamentenrechnungen…)… Für die Kosten hätte ich mir doch locker einen oder gleich mehrere neue Vögel kaufen können. Von mir bekam sie dann nur zu hören, dass ich meiner kleinen Marley sogar den Käfig behindertengerecht eingerichtet hätte etc. Kurz darauf war die Freundschaft dann auch vorbei. So ein kleines Tier hat für sie nicht so einen hohen Stellenwert, wie ihr (inzwischen auch ständig krankes) Pferd. Ich bewundere Menschen wie dich, die auch solchen kleinen, kranken Vögelchen ein schönes Leben bereiten wollen. Das verdient Anerkennung!!!

    • Vielen lieben Dank für deine Nachricht. Es macht mich immer sehr glücklich, wenn ich höre, wie liebevoll sich jemand um seine Wellis kümmert.
      Der Artikel ist übrigens in Zusammenarbeit mit vielen Handicap-Haltern entstanden. Jeder hat hier die Geschichte seiner Tiere erzählt. In der Facebookgruppe „Wellensittiche Senioren & Handicaps“ triffst du auf Gleichgesinnte, mit denen du dich auch austauschen kannst.

  2. Sehr schön. Es freut mich immer sehr, zu sehen, wenn Leute solchen Wellis ein gutes zuhause geben. Meine Vögel sind zu einem großen Teil als „unvermittelbar“ geltende „Rettungsvögel“ (7 von 8 Wellis, 2 von 2 Papageien), unter den Wellis im Moment nur „Flieger“, aber meine Papageiendame ist auch so ein Lauf- und Klettervogel.

    • Zwei Graupapageien; Fotos von ihnen kannst du auf meinem Blog finden, wenn du sie sehen willst…. bisher nur wenige, aber es werden mehr werden. Ich wollte immer gerne Papageien, hätte mir aber im Gegensatz zu Wellis eigentlich nicht vorstellen können, diese aus „zweiter Hand“ zu nehmen. Große Schnäbel x potenzielle Erziehungsfehler = nicht so gut. Dann rief mich meine beim TA arbeitende Bekannte an…“Du wolltest doch Papageien…könntest du dir vorstellen…? Schaust du sie dir wenigstens mal an?“ Ich schaute, und fuhr mit zwei nicht nur „gebrauchten“ sondern massiv misshandelten Papageien heim. Inzwischen merkt man ihnen ihre Vergangenheit so kaum noch an, die Henne hat leider bleibende körperliche Schäden :(.
      Meinen letzten „Schwung“ Wellizugänge habe ich ebenfalls mit Foto gepostet, allerdings noch aus dem Quarantänekäfig.
      Ich habe seit 1992 fast ausschließlich Abgabewellis, wobei mein einziges „Ausschlusskriterium“ ist, dass sie nichts Ansteckendes haben dürfen. Ich nehme sie also grundsätzlich auch, wenn ich weiß, dass die Lebenserwartung in Monaten oder Wochen gemessen wird, solange sie mir nur nichts in den Bestand schleppen.
      Neben den Wellis und meinen „Geiern“ leben noch zwei Zebrafinken bei uns – der eine kam durchs Fenster, und den anderen habe ich dann als Partner zugekauft. Geht ja nicht anders… Dabei mag ich Finken nicht mal.

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