Typische Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen

.Typische Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen
Typische Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen und warum sie nicht stimmen! Aus eigener Erfahrung kenne ich die fünf typischen Vorurteile gegenüber Abgabevögeln. Im folgenden Blogbeitrag schreibe ich über ein persönliches Herzensthema. Ich setze mich mit den häufigsten Argumenten auseinander und hoffe, auf diese Weise den einen oder anderen zum Umdenken bewegen zu können.

Auch Ich hatte Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen

Nobody is perfect! Auch ich hatte bis vor zwei Jahren keine „second hand“-Wellensittiche. Das war keine böse Absicht, sondern passte einfach altersmäßig nicht. Ich wollte außerdem gesunde Tiere, die lange (bei mir) leben und zudem wusste ich auch nicht genau, an wen ich mich hätte wenden können. Ihr merkt es sicher schon: Ich wäre damals die wohl beste Adressatin meines heutigen Blogbeitrages gewesen! 😉

Kurzer Rückblick: Mitte November 2013 zogen nach einigen Jahren „wellifreier“ Zeit Briciolino und Piumina aus einem Zoogeschäft bei mir ein. Nach dem Eingangscheck stand leider fest, dass die junge Henne starken Trichomonadenbefall hatte, an dem sie trotz Behandlung leider im Januar 2014 verstarb. Zu spät nahm ich die Warnung anderer Wellensittichbesitzer ernst, keine Tiere im Zoohandel zu kaufen, um das Leid nicht noch finanziell zu unterstützen!

Da Wellensittiche, wie andere Vögel auch, nicht einzeln gehalten werden dürfen, kaufte ich wieder eine junge Henne. Diesmal aber beim Züchter in der Nähe. Die Zuchtanlage durfte ich mir zwar nicht anschauen, angeblich um die brütenden Tiere nicht zu stören, aber ich vertraute auf die guten Feedbacks im Internet. Das auch Chiocciolina gesundheitlich stark eingeschränkt ist und bis heute eine Dauermedikation braucht, merkte ich erst beim Eingangscheck. Klar, das kann auch dem besten Züchter passieren, dachte ich und glaubte an eine Ausnahme. Im August 2014 wollte ich von zwei auf vier Wellensittiche aufstocken und kaufte wieder bei dem Züchter.

Schon wieder reingefallen!

Bereits im Laden hatte ich ein komischen Gefühl: Die Zuchtanlage durfte ich wieder nicht sehen. Das angebotene Tier schien jünger zu sein als angegeben und trotz der Einschätzung des Züchters, es handle sich um einen Hahn, nannte ich die kleine Antonella. Zurecht, wie die Obduktion ergab, denn nach 10 Tagen verstarb die junge Henne überraschend. Grund war ein multiples Organversagen ausgehend von den Nieren. Recherchen ergaben: Im Schwarm des Züchters lebten und vermehrten sich – wohl wissend – Tiere mit PBFD (Psittacine Beak and Feather Disease). Ich war bei Weitem nicht die einzige Kundin, die kranke, bzw. nach kurzer Zeit verstorbene Jungvögel gekauft hatte!

Sehr bestürzt über die beiden Verluste innerhalb eines halben Jahres stand ich vor der Wahl: entweder den Wunsch nach zwei weiteren Schwarmmitgliedern zurückstellen und riskieren, dass beim plötzlichen Tod einer meiner beiden Wellis wieder einer alleine zurückbleibt oder… oder es wagen, Abgabewellensittichen eine Chance auf ein (halbwegs) gutes Leben bei mir zu geben. Ich war an einem Punkt angelangt, wo es eh nicht hätte schlimmer werden können! Denn eines hatte ich gelernt: Zoohandel und Züchter sind keine Garantie für gesunde Tiere.

Gib Abgabewellensittichen eine Chance!

Ich möchte weder Zoohandel noch Züchter unter Generalverdacht stellen, aber ich hoffe, dass ich mit meinen Erlebnissen bei dir drei Dinge erreichen konnte:

  1. Lass dir kein Tier aufquatschen! Mache dir ein Bild von der Zuchtanlage und den Elterntieren, höre auf dein Bauchgefühl und unterstütze keine tierquälerischen Zuchtanlagen durch Mitleidskäufe.
  2. Nimm den Eingangscheck ernst und gebe dafür lieber gleich am Anfang 30-60 Euro beim vogelkundigen Tierarzt aus, anstatt für mehrere 100 Euro alle deine Tiere behandeln zu müssen.
  3. Gib Abgabetieren ein Chance! Dass die gängigsten Vorurteile nicht stimmen, erfährst du weiter unten.

Die fünf typischen Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen

1. Wellensittiche aus zweiter Hand sind immer krank!

Falsch! Wellensittiche aus zweiter Hand werden mit den unterschiedlichsten Begründungen abgegeben, seltenst aber, weil sie Krankheiten haben. Dennoch sollte man grundsätzlich bei Neuzugängen niemals auf den Eingangscheck beim vogelkundigen (!) Tierarzt verzichten. Auch wenn man von den Vorbesitzern zu hören bekommt, das Tier sei gesund!

2. Wellensittiche aus Abgaben sind immer alt und leben nicht mehr lange!

Falsch! Da Wellensittiche im Anschaffungspreis sehr günstig zu erwerben sind, gibt es leider sehr viele Menschen, die sich unüberlegt und spontan ein Haustier kaufen. Sie scheinen sich der der jahrelangen Verantwortung, die ein Tier mit sich bringt, nicht bewusst zu sein. Daheim entpuppen sich die Vögel als scheu dem ungeduldigen Menschen gegenüber, sind laut und wirbeln jede Menge Federn, Kot und Körner durch die Wohnstube. Ein anderer „Klassiker“ sind ungewollte Zuchten durch Anbringen eines Nistkastens. Auch scheinen einige Eltern machmal zu vergessen, dass Tiere kein adäquates Spielzeug für Kinder sind. Diese Vögel landen in der Regel bereits ein paar Wochen nach dem Kauf im Tierheim oder werden bei ebay Kleinanzeigen verscherbelt. Natürlich gibt es auch traurige Abgabefälle. Zum Bespiel, weil sich Menschen wegen gesundheitlicher Probleme von ihren Lieblingen trennen müssen oder weil der Halter verstorben ist. Abgabewellensittiche gibt es daher in allen Altersklassen: von ganz jung bis hin zum Senior! Am besten wählst du ein Tier, dass vom Alter her zu deinem bestehenden Schwarm passt.

3. Wellensittiche aus zweiter Hand werden nicht mehr zahm!

Falsch! Die Zutraulichkeit eines Wellensittichs liegt nicht am Alter, sondern am Halter… und an seinem Charakter. In meinem Beitrag Wellensittiche zähmen in fünf Schritten siehst du meinen Icaro, einen älteren Abgabevogel, der innerhalb weniger Wochen mit Ruhe und Geduld kleine Tricks und Übungen gelernt hat. Jetzt macht er mir regelmäßig „die Haare schön“, wenn er auf meinem Kopf rumhüpft. Außerdem verlieren Wellensittichbabies nach der Jungmauser ihre „Kükenzahmheit“ und sind in jungen Jahren in der Regel viel ungeduldiger, wilder und beim Training weniger konzentriert als ältere Tiere.

4. Bei Abgabewellensittichen weiß man nicht, wo sie herkommen!

Falsch! Wer seinen Wellensittich aus privater Hand übernimmt, sieht sehr wohl, wie das Tier bisher gelebt hat, wie das Verhältnis zum vorherigen Halter war und was die Abgabegründe sind. Bei Tieren aus dem Zoohandel ist das nicht möglich. Wie das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ und DER SPIEGEL im April 2015 recherchierten, kommen die meisten Tiere für Zooländen aus dem Ausland, wo sie massenweise zu kommerziellen Zwecken unter schrecklichen Bedingungen vermehrt werden. Natürlich kann auch ein unüberlegt angeschaffter Abgabevogel unter solchen Verhältnissen geschlüpft sein.  Durch die Zeit beim Vorbesitzer bekommt man in der Regel aber mehr Informationen über das Tier und eventuelle Krankheiten als im Zoohandel oder beim Züchter.

5. Abgabewellensittiche gibt es nur im Tierheim!

Falsch! Die Ausrede, dass einem Abgabetier gerne eine Chance geben würde, das nächste Tierheim allerdingst zu weit weg läge, gilt seit der Erfindung des Internets nicht mehr! Täglich wird ebay Kleinanzeigen deutschlandweit mit neuen Anzeigen geflutet. Ein Blick lohnt sich daher immer! Des Weiteren gibt es Vermittlungsforen, über die man per Schutzvertrag Wellensittiche bekommen kann. Als Beispiel seien hier die Seiten www.welli.net (Forum für private Wellensittichhalter) und www.vwfd.de (Verein der Wellensittich-Freunde Deuschland e. V.) aufgeführt. Wer in der Nähe eines Tierheims wohnt, kann selbstverständlich auch dort nach Abgabewellensittichen fragen. Der Vorteil bei guten Tierheimen ist, dass die Vögel oft schon tierärztlich untersucht worden sind. Angaben zu eventuellen (chronischen) Krankheiten liegen daher vor.

Private Vermittlungen

Schlussendlich gibt es deutschlandweit viele private Pflegestellen von engagierten Papageienhaltern, die ehrenamtlich und auf eigene Kosten Tiere in Not aufnehmen. Sie sponsorn Eingangschecks und organisieren Mitfahrgelegenheiten, um Abgabetieren eine zweite Chance in einem besseren Haushalt zu ermöglichen. So auch wir mit unserer Vermittlungsseite. Also, hab keine Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen!

An dieser Stelle vielen, vielen Dank an alle, die sich für Abgabetiere aller Art engagieren, die ihre Zeit opfern, denen kein Weg zu weit ist und keine Kosten zu hoch sind!


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3 Gedanken zu “Typische Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen

  1. Auch von mir ein Dank für den Artikel! Ich schaue zwar gerne im Tierhandel die Wellis an, aber die winzigen Käfige und dass sie dort alle unberingt sind hat mich schon irritiert. Von unseren drei Flauschis stammen auch zwei aus dem Tierheim, eine von einem Hobby-Züchter. Natürlich sind sie alle klasse – aber ich würde auf jeden Fall wieder Abgabetiere aufnehmen! So fing es auch an – ich sah eine Papieranzeige im Supermarkt und dachte: “Jetzt ist es soweit! Ich möchte wieder Haustiere haben.” Leider habe ich die nicht bekommen, aber dafür zwei andere.
    Die beiden sind zwar nach tierärztlicher Einschätzung schon einen Tag älter und haben keine aussagekräftigen Ringe, aber sie haben sich gut entwickelt und das Hähnchen ist schon ziemlich zutraulich – und besonders gefreut habe ich mich, als er nach dem Verlust seiner Tierheim-Kumpels nach 2-3 Monaten (!) wieder angefangen hat, zu singen! Seitdem gibt’s tägliche Gesangsrunden mit der kleinen Jung-Henne…

    • Das freut mich sehr 🙂 Ich habe wie gesagt überaus gute Erfahrungen gemacht… und liebe jedes meiner Tiere unabhängig von deren Alter und Vorgeschichten!

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