Es scheint eine Gesetzmäßigkeit der Natur zu sein, dass kleine Lebewesen keine gegarten Möhrchen mögen und dass große Lebewesen es am Liebsten mögen, ebendiese Möhrchen in kleinen Lebewesen zu stecken.
Ein ereignisreiches Wochenende liegt hier uns: Nach über drei Wochen sind Sunny und Purzel frisch gebadet, gefüttert und vollständig durchgemausert von ihren Wellieltern wieder abgeholt worden. Die Zeit ging schnell vorbei und die beiden sind immer herzlich willkommen. Bereits im Februar wird es wieder der Fall sein – oder wie es zwischen uns zum „Running gag“ geworden ist: „Bis zur nächsten Mauser!“
Die Mauser hat momentan alle Schwarmmitglieder voll im Griff: Violetta sieht aus wie ein gerupftes Suppenhuhn und Antonia lässt selbst Experten staunen: Seit Donnertag wächst ihr ein Federkiel aus dem Augenlid! Nachdem ich am Abend zuvor der Vogelpraxis eine Nahaufnahme geschickt hatte, erhielt ich am Freitagvormittag einen Anruf von dem Praxisteam. So etwas kommt auch nicht alle Tage vor und man riet mir, den (durchbluteten) Federkiel erst einmal in Ruhe zu lassen, solange sich Antonia daran nicht stört. Da ich demnächst mir Violetta zur Nachkontrolle wegen des Bauchbruchs muss, werde ich Antonia dann mitnehmen.
Während der Mauser ist eine ausreichende Vitaminzufuhr besonders wichtig. Kieselsäure sorgt für gesunde und glänzende Federn und ist in Gurke enthalten. Da Gurke aber sehr viel Wasser enthält und Welli davon flüssigen Kot bekommen, sollte sie nur in Maßen gefüttert werden. Glücklichweise lieben meine Plüschies alles was grün ist – inklusive meines Kapuzenpullis (jetzt Wellipulli)… und damit kommen wir zum eigentlichen Drama, das sich heute morgen in der Voliere abspielte.
Seit zwei Jahren versuche ich immer wieder erfolglos Möhren in die Flauschkugeln zu bekommen. Karotten wären einfach die ideale, gesunde Knabberstange: reich an Beta-Carotin (Vorstufe von Vitamin A), Eisen, das für die Blutbildung wichtig ist, Mineralstoffe Kalzium und Zink sowie die Vitamine C & K und Folsäure! Ein echtes superfood, das ich diesen Sommer sogar selber in meinen Balkonkästen anpflanzte, um absolute Schadstofffreiheit zu garantieren… schön, dass wenigstens das Möhrengrün wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde.
Während ich die letzten zwei Jahre also den Hampelmann vorm Käfig mache, um den Kleinen meine Powermöhrchen schmackhaft zu machen, werden diese nicht mal mit dem Plüschpopo angesehen. Da kann ich machen, was ich will: am Stück, geschnitten, gewürfelt, julienne, gehackelt, geschreddert, gerieben, in Scheiben oder Blöcken – nix zu machen! Letzte Woche aber laß ich im Blog der Papageienbäckerei von gegarten Möhrchen in Kartoffelbällchen. Klar, dass ich diese letzte aller Möglichkeiten nicht auslassen wollte und bereitete am Samstagabend für das Sonntagsfrühstück alles vor.
Kaum waren die Möhrchenbällchen im Käfig, war der Käfig auch schon wellifrei. Panisch flogen alle sechs durch das Zimmer und brüllten ganz Berlin zusammen, als würde ich sie vergiften wollen. Ich blieb hart. Heute gibt es Möhrchen! Bockig sitzen wir vor dem Käfig. Schließlich siegt der Hunger – zumindest bei mir. Ich gehe in die Küche und höre plötzlich leise Tippelgeräusche auf dem Käfigboden. Die Gemüsebällchen scheinen zu schmecken.
Ganz euphorisch zerhacke ich abends eine weitere gegarte Möhre – man muss schließlich dran bleiben, denke ich. Damit das Möhrchen nicht übersehen wird, stelle ich den Futternapf auf die Anflugklappe des Käfigs. Bereits kurze Zeit später wuseln alle Wellensittiche im Topf rum. Solz stehe ich vor dem Käfig, um die leere (!) Tonschale wegzuräumen. Ich werde erwartungsvoll angesehen. Wieso eigentlich? Es war doch eine ganze gegarte Möhre! Hunger dürften die sechs eigentlich nicht mehr haben…
„TSCHÖÖÖÖÖP!“, werde ich angebrüllt, während sich der lauwarme Möhrchenbrei einen Weg durch die Unterseiten meiner Socken sucht. Ich seufze und tippel auf Zehenspitzen zum Regal mit dem Körnerfutter…