Basiswissen Wellensittiche Teil 4 – Fragen & Antworten rund um den Freiflug

Wie versprochen, geht es in dem vierten Teil der Serie „Basiswissen Wellensittiche“ um das Thema Freiflug. Manch einer mag jetzt denken: „Was ist denn da das Problem? Käfigtür auf und fertig!“ Jaaa… fast! Zu kaum einem anderen Thema bekomme ich über meine Social Media Kanäle mehr Fragen gestellt, als zu diesem. Das ist auch richtig so, denn Freiflug ist ein wichtiger Bestandteil in der Vogelhaltung und sollte täglich mehrere Stunden, oder wenn möglich, sogar ganztägig angeboten werden.

Die Fragen und Probleme der Halter sind ganz unterschiedlicher Natur: Während der eine sich Gedanken über die Sicherheit im Freiflugzimmer macht, so hat der andere flugfaule Stubenhocker, die den Käfig nicht verlassen. Im Folgenden habe ich die häufigsten Fragen aufgeführt und beantwortet. Sollte euch noch eine Frage einfallen, dann schreibt mir in der Kommentarfunktion und ich werde eure Fragen im Text ergänzen.

Die elf häufigsten Fragen und Antworten zum Freiflug

1. Was bedeutet „Freiflug“?

Mit Freiflug ist gemeint, dass die Wellis außerhalb ihres Käfigs in einem Zimmer in der Wohnung fliegen dürfen. Mit Freiflug ist nicht gemeint, dass man die Vögel nach draußen „ins Freie“ entlässt! In Europa können Wellensittiche nicht in der Natur überleben. Immer wieder mal höre ich von einzelnen Menschen, die ihren Tiere aus Unwissenheit draußen Freiflug anbieten wollen oder von Leuten, die meinen besonders tierfreundlich zu sein, wenn sie ihren Wellensittichen „die Freiheit schenken“. Leider werden diese Wellis oftmals in den Tod geschickt und verenden elendig. Nur sehr wenige Ziervögel werden rechtzeitig gefunden und überleben solch einen Ausflug. Wer Ziervögel und andere Exoten hält, muss sich im Klaren darüber sein, dass man den Tieren ein großes Stück Freiheit nimmt. Umso wichtiger sind daher die Haltungsbedingungen!

2. Wie lange und wie oft muss ich meinen Wellensittichen Freiflug anbieten?

Bei der Dauer des Freiflugs gilt: je länger, desto besser! Ganztägiger Freiflug ist daher am besten. Sollte dies nicht möglich sein, so muss gewährleistet sein, dass die Tiere zumindest halbtägig (mind. 4 Stunden) tagsüber ihren Käfig verlassen dürfen. Auf lange Zeit gesehen, sollte man aber eine Lösung finden, dass die Wellensittiche den ganzen Tag raus dürfen. Oftmals liegt die Reduzierung des Freiflug an einem nicht-vogelsicheren Zimmer. Halter haben dann berechtigterweise Angst, dass ihren Tieren etwas in ihrer Abwesenheit passiert. Ich kenne das Problem: Nach meinem Umzug in meine 1-Zimmerwohnung hatte ich die ersten Wochen auch erst die Schwachstellen des Zimmer herausfinden müssen und ließ die Vögel nur unter Aufsicht raus. Nach dem „Aufrüsten“ hatte ich dann meinen Wellis ganztägigen Freiflug anbieten können.

3. Ich habe einen großen Käfig. Muss ich meine Wellensittiche trotzdem täglich rauslassen?

Ein großer Käfig alleine ist nicht ausreichend. Die Vögel müssen mehr als ein paar Flügelschläge machen können und müssen die Möglichkeit bekommen, ihre Runden durch das Zimmer zu drehen. Außerdem dient der Freiflug auch der Beschäftigung unserer Stubenadler und beugt Langeweile sowie daraus resultierende psychische Erkrankungen, wie Automutilation durch Federrupfen, vor.

4. Warum ist Freiflug so wichtig?

Freiflug dient in erster Linie der Gesundheit, da Wellensittiche im australischen Outback bis zu 150 km (Strecke Berlin- Magdeburg!) am Tag fliegen und ihr Körper und ihre Fettverbrennung darauf eingestellt sind. Wellis in der Wohnungshaltung neigen zur Verfettung, was wiederum schwere gesundheitliche Probleme mit sich bringt. Zum Beispiel, wenn die Fettpolster auf Organe und Nerven drücken, kann es zu Problemen beim Kotabsetzen kommen. Auch arbeitet der Luftsack (also die Vogellunge) nur richtig, wenn sich die Tiere fliegend fortbewegen. Und nur ein funktionierender Luftsack kann den Vogel mit genug Sauerstoff versorgen. Wellis, die gar nicht oder nur selten fliegen, haben ein größeres Risiko an Pilzerkrankungen der Lunge, wie Aspergillose, zu erkranken. Leider kommt diese Krankheit auch bei Nicht-Fliegern häuftig vor. Wer also Renner hat, sollte seinen vogelkundigen Tierarzt von Zeit zu Zeit bitten, genaustens auf den Luftsack zu achten. Auch regelmäßige Röntgenbilder können helfen. Meine Antonia hat eine leichte Form der PBFD sowie steife Schultergelenke. Da die Krankheiten schrittweise vorangegangen sind, habe ich lange nicht an die Sekundärerkrankungen gedacht. Bei einer Kontrolluntersuchung ist meiner Tierärztin vor 2 Jahren ein Knacken und Pfeifen in den Atemorganen aufgefallen. Nach einem Röntgenbild war klar, dass Antonia leider auch Aspergillose hat. Die Behandlung verlief gut, auch wenn Aspergillose nicht heilbar ist. Seitdem machen wir alle sechs Monate ein Röntgenbild sowie eine profilaktische Kur mit Vfend und/oder Lamisil. Das letzte Röntgenbild vor ein paar Tagen zeigte, dass wir zumindest mit der Aspergillose auf einem sehr guten Weg sind und die Luftsäcke schon viel besser aussehen als noch vor einem Jahr (und natürlich seeeehr viel besser als vor zwei Jahren).

5. Wie mache ich mein Zimmer „vogelsicher“?

YouTube Kanal Wellensittiche Blog FreiflugZu diesem Thema gibt es auf meinem Blog einen Bericht und auf meinem YouTube-Kanal ein Video. Beide heißen „Sicherheit im Freiflugzimmer für Wellensittiche„.

6. Kann man Wellensittiche so trainieren, dass sie nicht wegfliegen, wenn ich zum Beispiel kurz die Tür öffne, um auf den Balkon oder die Terrasse zu gehen?

Nein, Wellensittiche lassen sich dahingehend nicht zuverlässig trainieren. Auch finden Wohnungvögel nach dem Entfliegen nicht mehr alleine nach Hause zurück. Da Wellensittiche in unseren Breitengraden draußen nicht überleben und nur die allerwenigsten Wellis rechtzeitig gefunden und gerettet werden, muss man alle Sicherheitsvorkehrungen treffen, damit sie nicht entfliegen. Daher müssen alle Fenster & Türen während des Freiflugs geschlossen bleiben! Ohne Ausnahme!!!

7. Reicht eine Gardine oder ein Fliegengitter aus, um gekippte Fenster zu sichern?

Nein, das reicht leider nicht aus! Wer Fenster und Türen sichern möchte, muss auf stabilen Edelstahldraht mit einer maximalen Maschenweite von 1×1 cm zurückgreifen. Immer wieder erzählen mir Halter, dass es bei ihnen mit Gardinen schon „seit Jahren“ klappt. Früher oder später wird eines der Tiere aber den Trick raus haben und dann für immer weg sein. Ich persönlich würde solch ein Risiko, das der Vogel am Ende sehr wahrscheinlich mit seinem Leben bezahlen muss, niemals eingehen!

8. Mein Hund/Meine Katze ist lieb und hat keinen Jagdtrieb. Darf ich sie während des Freiflugs mit ins Zimmer nehmen?

Nein, Hunde, Katzen und andere Tiere sollten nicht in das Zimmer genommen werden, in dem die Wellensittiche sind. Zum einen ist auch der liebste Hund und die bravste Katze unberechenbar, zum anderen werden Vögel alleine durch die bloße Anwesenheit der Raubtiere sehr gestresst. Das gleiche gilt auch für Räume mit vielen Menschen. Bei Festen, Feiern, Partys und Co. stellt den Käfig daher besser in ein ruhiges Zimmer. Sowohl eure Wellensittiche als auch eure Gäste werden es euch danken… 😉
Ab und an mal werde ich gefragt, ob Kaninchen und Meerschweinchen zusammen mit Wellis gehalten werden können. Auch hier kann es zu Verletzungen der Wellensittiche durch die Bodenbewohner kommen. Allerdings ist die Geräuschbelästigung der Wellensittiche für Kaninchen, Meerschweinchen, etc. auch nicht zu unterschätzen. Die unterschiedlichen Tag-Nacht-Rythmen sind ein weiteres Argument, diese Arten nicht zusammen in einem Raum zu halten.

9. Kann ich mein Baby/ mein Kleinkind mit den Wellensittichen alleine lassen?

Nein, da Babys und Kleinkinder noch zu grobmotorisch sind und aus dem Reflex heraus nach den Wellensittichen greifen oder treten könnten. Für den Vogel würde dies ernsthafte Verletzungen oder Quetschungen (zum Beispiel der Atemorgane) mit sich ziehen. Daher auch Kleinkinder niemals alleine mit den Wellis lassen!

10. Ich habe ein vogelsicheres Zimmer, aber meine Wellensittiche wollen nicht aus ihrem Käfig raus. Was kann ich tun?

Das kommt oft vor, aber keine Sorge: Neue Wellensittiche müssen sich nach dem Einzug erstmal an die neue Umgebung gewöhnen. In der Regel kommen sie nach 1-2 Tagen heraus. Den Ein- und Ausstieg kann man ihnen mit einer Anflugklappe oder einem Sitzbrettchen vor der Käfigtür erleichtern. Die Tür sollte sich im Käfig oben befinden. Modelle mit einer Käfigtür unten sind daher für Wellensittiche nicht so geeignet. Käfigmodelle, die ich für empfehlenswert halte, seht ihr hier. Der Käfig sollte außerdem so hoch stehen, dass die Tür auf Schulter- oder Augenhöhe des Halters ist. Auch sollte man viele Landemöglichkeiten im Freiflugzimmer schaffen, damit die Vögel wissen, wohin sie sollen und wo sie landen können. Eine fehlende Anflugklappe, ein zu tief stehender Käfig und mangelnde Lande- und Beschäftigungsmöglichkeiten über den Köpfen der Halter sind die Hauptgründe, weshalb Wellis nicht aus ihrem Käfig kommen.

11. Die Wellensittiche machen alles kaputt und koten überall hin. Was kann ich dagegen machen?

Bodenschutzmatten Wellensittich ZimmerNix! Hihihi 😀 Als Vogelhalter muss man leider damit rechnen, dass Tapeten angeknabbert, Bücher geschreddert und Böden, Möbel und Polster vollgekotet werden. Durch geschickte Platzierung von Sitz- und Spielplätzen sowie das Unterlegen von Zeitungen und Bodenschutzmatten kann man Verkotungen auf wenige Plätze im Zimmer konzentrieren und lenkt zudem durch interessante und vogelgerechte Spielplätze die Aufmerksamkeit ab von Büchern, Tapeten, Holzrahmen und Co.

Im nächsten Beitrag geht es um die verschiedenen Haltungsformen und um die Zusammensetzung von Wellensittichen.

Nun folgen wie immer das Video und eine anonyme Umfrage.

Warum gibt es jetzt eigentlich immer Umfragen? Eure Antworten helfen mir dabei festzustellen, wie relevant die Themen für euch sind. Schließlich betreibe ich den Blog ja für euch und will daher über Themen schreiben, die euch interessieren 🙂

Ein Gedanke zu “Basiswissen Wellensittiche Teil 4 – Fragen & Antworten rund um den Freiflug

  1. Das mit dem Fliegengitter ist ein guter Tipp. Ich dachte auch lange, das reicht, bis der Vogel irgendwann weg war. Lustigerweise hat ihn dann die Nachbarskatze wieder eingefangen, ohne dass etwas passiert ist.

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