Milben bei Wellensittichen


Milbenbefall und dessen schwerwiegende Folgen werden von vielen Haltern unterschätzt. Genau wie bei anderen Krankheiten sollte der betroffene Wellensittich zeitnah einem vogelkundigen Tierarzt vorgestellt werden.

Milben (auch: Grabmilben oder Räudemilben genannt) kommen leider recht häufig bei Wellensittichen vor. Im Anfangsstadium sind die Schäden der 0,3 x 0,4 mm kleinen Parasiten für Laien kaum zu erkennen. Daher wird zum Leidwesen der Tiere oft zu lange mit der Behandlung gewartet. Auch unterschätzen einige Halter die gesundheitlichen Gefahren, die von Milbenbefall ausgeht. Es ist daher zwingend notwendig, die Behandlung durch einen vogelkundigen Tierarzt durchführen zu lassen. Hausmittelchen, eigenes Herumprobieren mit Tipps aus dem Internet oder Sprays aus dem Zooladen fügen dem betroffenen Vogel nur weiteres Leid zu.

1. Woher kommen Milben?

Milben sind ektogene Parasiten, die in der Haut des Vogels leben und dort auch ihre Eier legen. Sie können sich über Monate oder gar Jahre am Vogel aufhalten, ohne dass Symptome sichtbar sind. Durch Stress, Fehlernährung, mangelnde Hygiene oder andere Krankheiten kann die Milbeninfektion klinisch werden, d. h. ausbrechen. Daher ist es extrem wichtig, dass jedes neu erworbene Tier einem vogelkundigen Tierarzt zu einem Eingangscheck vorgestellt und prophylaktisch gegen diese Parasiten behandelt wird.

2. Woran erkenne ich Milben?

Milbenbefall erkennt man im Anfangsstadium an den Unregelmäßigkeiten auf dem Schnabelhorn, die durch die Bohngänge der Milben verursacht worden sind. Im weiteren Verlauf bilden sich schwammartige Wucherungen auf der Wachshaut, dem Schnabelhorn, um die Augen, an den Ständern (Füßen) und im Bereich der Kloake. Also überall dort, wo Federn nicht die Sicht auf die Milben verhindern.

3. Wie behandele ich Milben?

Milben kann der Tierarzt durch die Spot-on-Methode behandeln. Dazu wird der in einer Trägersubstanz gelöste Wirkstoff Ivermectin zwei- bis dreimal im Abstand von je einer Woche auf die Nackenhaut des Wellensittichs geträufelt. Der Wirkstoff wird über die Haut aufgenommen und tötet so zuverlässig alle Milben am gesamten Körper ab. Im Kompendium der Ziervogelkrankheiten (Hrsg. Kaleta & Krautwald-Junghans) wird vor Hausmittelchen und Herumprobieren mit folgenden Worten gewarnt: „Wegen der zu geringen Effektivität und zur Schonung des betroffenen Vogels sollte das früher übliche lokale Betupfen der Räudewucherungen mit Paraffinöl, Petroleum oder ähnlichem unterbleiben.

Dringend abzuraten ist auch von der eigenmächtigen Behandlung durch sogenannte Milbensprays oder Milbenstrips aus dem Zooladen. Neben der Wirkungslosigkeit der enthaltenen Substanzen schädigen Sprays dem empfindlichen Atmungs- und Lungensystem der Vögel. Behandlungsunterstützend sollte man als Halter lieber sein Hauptaugenmerk auf die Käfig- und Spielplatzhygiene legen: neben der täglichen Reinigung des Käfigs während der Behandlungsdauer, sind alle Spielsachen und Sitzgelegenheiten auszutauschen und/oder zu desinfizieren (im Backofen bei 100° bis 150° C – bitte keine chemischen Mittel nehmen, da Rückstände gesundheitsschädlich für die Wellensittiche sind!).

Auch sollte man bei Verdacht auf Milben nicht zu lange warten – der Parasitenbefall geht nicht von alleine weg, sondern wird schlimmer und es drohen Sekundärinfektionen durch die offenen Stellen in der Haut. Im schlimmsten Fall kann es sogar soweit kommen, dass der Wellensittich seinen Schnabel verliert euthanasiert werden muss.

Dieser Vogel konnte noch rechtzeitig gerettet und erfolgreich behandelt werden – auch wenn das Schnabelhorn wahrscheinlich nie wieder ganz regenerieren wird.

Für diesen kleinen Wellensittich kam jeder Hilfeversuch zu spät – er starb nur wenige Tage nach seiner Rettung auf der Pflegestelle.

Diesen Blogbeitrag gibt es auch als Video auf meinem YouTube-Kanal

Ich danke allen Beteiligten für ihre Fotospenden und ihren Einsatz im Tierschutz:

  • Jessica K.-S.
  • Anna M.
  • Furkan P.
  • J. Helmbrecht
  • Nathalie K.
  • Tanja
  • Steven D. Kuhns

Quellen:

  • Kaleta / Krautwald-Junghans, Kompendium der Ziervogelkrankheiten, Schlütersche; Auflage: 4., überarbeitete Auflage (2011)
  • Pees,Leitsymptome bei Papageien und Sittichen: Diagnostischer Leitfaden und Therapie, Enke; Auflage: 2 (2010)
  • Quinten, Ziervogelkrankheiten, Verlag Eugen Ulmer; Auflage: 2 (2007)

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Die Mafiabraut

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Bei dem Gedanken daran könnte ich mich noch heute ohrfeigen. Wie naiv kann man nur sein? Gefühlte hundertmal habe ich andere davor gewarnt, keine Wellensittiche von dubbiosen Vermehrern zu kaufen und dann das: Vor einem halben Jahr bin ich selbst auf so eine miese Masche reingefallen!

Nach Violettis Tod im Juli 2016 wollte ich drei Abgabewellensittichen bei mir ein neues Zuhause schenken. Als nach Venilia drei Wochen später Numidio bei uns einzog, fehlte nur noch eine kleine Henne, um das Geschlechterverhältnis wieder herzustellen und den Achterschwarm zu komplettieren. In den Sommerferien ist es leider sehr einfach an Abgabewellensittiche heran zu kommen und so hatte ich die Qual der Wahl aus unzähligen Annoncen die richtige Partnerin für Numidio zu finden. Gute Bekannte aus der Berliner Welli-Gruppe wussten davon und so dauerte es nur wenige Tage, bis mich eine Freundin anschrieb und mich auf eine ebay-Kleinanzeige, die in einer Notfeder-Gruppe geteilt worden ist, aufmerksam machte. Eine wildfarbene, sechsjährige Henne sollte da laut Text auf einen neuen Partner warten, da der alte Partner entflogen sein soll.

Nach einem kurzen Telefonat, in dem mir bestätigt worden ist, dass ich keine Transportbox brauchen würde, fuhr ich los in den tiefsten Osten der Stadt. Drei Stationen vorher sollte ich mich kurz melden, da der Verkäufer alles vorbereiten wollte. Mir war es nur recht, da auch an diesem Nachmittag das Termometer wieder über 30 Grad kletterte und ich keinem Wellensittich zumuten wollte, stundenlang in einer Transportbox ausharren zu müssen!

Der Weg führte durch Plattenhäuserschluchten und die breiten, vom kommunistischen Baustil geprägten Straßen waren wegen der Hitze menschenleer. An der Tramstation wurde ich beim Aussteigen von einem Mann angesprochen, ob ich wegen eines Wellensittichs hier war. Ich war völlig perplex, schließlich hatte ich ja eine Adresse genannt bekommen und ging davon aus, dass ich mir das Tier unverbindlich und in seiner gewohnten Umgebung ansehen dürfte. Nix da!

Der Mann, der mich abfing, hatte das Format eines PAX-Kleiderschranks von IKEA. Weniger nordisch war sein Äußeres: Die schwarze Kleidung, die dunklen, zurückgegelten Haare und die dunkle Sonnenbrille erinnerten eher an eine Mischung aus Mafioso und Rocker. Nun ging alles sehr schnell und man(n) nutze die Überrumpelungsstrategie aus: Ob ich das Geld dabei hätte?! „Wo ist der Wellensittich?“, fragte ich naiv und bereute meine Fragerei zugleich. „Wencke“, dachte ich, „fang jetzt bloß nicht an zu diskutieren!“, und schaute mich nach Fluchtmöglichkeiten um. Nix! Keine Menschenseele! Der Mann hielt mir eine Milchpackung hin: „20 Euro!“ „Ich lebe größtenteils vegan und habe zudem eine Laktoseintoleranz“, lag es mir auf der Zunge, aber ich konnte mich gerade noch so beherrschen und gab ihm das Geld. So ganz kampflos wollte ich mich aber nicht abzocken lassen und ließ mir noch den Packungsinhalt zeigen. Auf offener Straße öffnete er den Karton [mir blieb fast das Herz stehen] und zum Vorschein kam eine kleine, zerknautschte Henne, der an einem Ständer alle vier Krallen fehlten. „Der fehlt ein Fuß“, bemerkte ich. Der Typ glotzte den Vogel in seiner Hand an und murmelte etwas von „ist mir gar nicht aufgefallen“. „Ich dachte, Sie haben den Wellensittich seit sechs Jahren“, erwiderte ich forsch und brachte den Typen damit aus dem Konzept. Er stammelte etwas von seiner Freundin, die wohl die Besitzerin sei. Der PAX-Kleiderschrank reduzierte sich auf eine MALM-Kommode. Ich setzte nach und erkundigte mich, wieso der Vogel nicht in seinem Käfig abgegeben wird, wenn man doch laut ebay-Anzeige die Wellensittichhaltung aufgeben wollte. Er druckste rum, aber ich blieb nicht locker, bis er etwas von seiner Wellensittichzucht murmelte. Die Henne sei ihm aber zu alt, um sie in die Zucht aufzunehmen. Das Gespräch wurde ihm zunehmens unangenehmer, dann drehte er sich plötzlich grußlos um, sprang über das Gleisbett und verschwand in der Tram, die gerade gekommen war.

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Ich atmete auf, als ich die Häuserschluchten und glühenden Betonplatten-Straßen hinter mich lassen konnte und endlich wieder in der S-Bahn Richtung Charlottenburg fuhr. Auf dem Rückweg lieh ich mir von einer befreundeten Wellensittichhalterin einen Quarantänekäfig aus, da in meinem noch Numidio saß. Eigentlich wollte ich am Folgetag mit beiden Tieren zum Eingangscheck gehen, aber das Risiko durch die neue Henne war mir zu groß, sodass ich beide separat voneinander und natürlich von meinem getrennt Schwarm untergebracht habe.

Nachdem der Quarantänekäfig eingerichtet und die Henne versorgt war, schaute ich auf mein Smartphon und hatte eine Nachricht von der eingangs erwähnten Freundin im Postfach: „Also jetzt hat er mir gerade geschrieben, dass er die Henne am Montag oder Dienstag zu einem Bekannten bringt, wo sich das Paar nicht mag. Er hätte dann wohl einen blauen Welli im Angebot…

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Nur gut, dass die kleine Henne beim Eingangscheck war und nach der dreiwöchigen Quarantänezeit keine Auffälligkeiten mehr zeigte. Inzwischen ist Piumetta fester Bestandteil des Schwarms geworden und hat sich, wie erhofft mit Numidio zusammengetan.Zeit also, Resümee zu ziehen.

Trotz dieser Erlebnisse, bin ich weiterhin der Meinung, dass man Abgabewellensittichen immer den Vorzug gegenüber den (extra) gezüchteten Wellis geben sollte, um dem Vermehrertum durch eine Reduzierung der Nachfrage endlich Einhalt zu gebieten und um gleichzeitig unüberlegt angeschafften und nicht-artgerecht gehaltenen Tieren eine Chance auf ein besseres Leben zu geben! Dennoch seid achtsam, denn das Beispiel zeigt, dass sich nicht hinter jedem Abgabewelli auch wirklich ein (einsamer) Notfall verbirgt. Denn eines ist klar: noch weniger als Vermehrer sollte man dubbiose Tierhändler mit seinem Geld unterstützen! Daher achtet bei ebay Kleinanzeigen immer auf mitleidserregende Formulierungen wie „Partner weggeflogen/ von Katze gefressen/ gestorben“ oder „Kinder haben keine Lust mehr/ Allergie/ Vogel muss schnell weg“ und geht immer zu zweit zum Abholort, da man euch so nicht so schnell überrumpeln kann. Auch wenn es hart klingt und für das Individuum sicher sehr unschön ist: Lasst die Finger von dem Kauf, wenn ihr das Gefühl habt, ihr unterstützt dubbiose Tierhändler! Denn merke: Wer seinen Wellensittich (aus gutem Grund) wirklich schnell los werden möchte und/oder das Interesse verloren hat, der ist froh, dass ihr den Vogel nehmt und schenkt ihn euch. Wer seinen Wellensittich abgeben muss, aber möchte, dass es dem Tier gut geht, der „schützt“ es nicht mit einer „Schutzgebühr“, sondern schaut sich das neue Zuhause an, stellt euch viele Fragen, trifft dann, meist Tage oder gar Wochen später, eine Entscheidung für oder gegen euch und überlässt euch den Welli dann kostenfrei, wohl wissend, was alleine für den Eingangscheck auf den neuen Besitzer finanziell zukommt. Wer beim Einschätzen von ebay Kleinanzeigen unsicher ist, der sollte sich hinsichtlich der Aufnahme von Abgabewellensittichen nicht abschrecken lassen, sondern einfach in die Vermittlungsforen des VWFD.de oder bei Welli.net schauen.Habt keine Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen!

Die Geschichte sprach sich unter Tierfreunden und in Vermittlungsforen schnell rum. Bereits am nächsten Morgen begrüßte mich eine WhatsApp-Nachricht von Janina, Admina der Gruppe „Wellensittiche Senioren & Handicaps„, fröhlich mit den Worten: „Na, was macht die Mafiabraut? :D“ Was soll ich dazu sagen… seuftz *augenroll*


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Resümee 2016

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Es ist der 31.12.16 und Zeit Resümee zu ziehen, vor allem aber Danke an alle Leser meines Blogs, an alle Follower der Facebook– und Google+-Seite und an alle Zuschauer meiner Videos zu sagen!

Als ich im Mai 2015 angefangen hatte zu bloggen, wusste ich selbst nicht genau, wohin die Reise gegen sollte. Ich wollte weder staubtrockenes Wissen über Wellensittiche wiedergeben, noch mit bestehenden Blogs konkurrieren. Mit meinem Slogan „Wissenswertes, Spannendes und Lustiges rund um Wellensittiche“ hoffe ich, dass mir eine interessante Abwechslung zwischen persönlichen Erfahrungsberichten, Wissenswertem und Videos gelungen ist. Am wichtigsten ist mir, dass sich meine Begeisterung für die kleinen Australier auf andere überträgt und sich Wellensittichhalter nicht mehr verstecken müssen. Wir haben die besten, süßesten und coolsten Haustiere der Welt – also nix da von wegen „langweiliges Oma-Image“! Tragt auch ihr weiterhin dazu bei, mit positiven Beispielen das Image und die Haltung unserer „Stubenadler“ zu verbessern!

Das Jahr 2016 war bei uns von Höhen und Tiefen geprägt: Wir hatten mit Violetti und Küki Pulcina zwei sehr traurige Verluste und auch mit den anderen Wellis leider sehr viele begründete Tierarztbesuche.

Wellensittiche: Piumetta, Numidio und Venilia

Aber mit Venilia, Numidio und Piumetta hatten wir auch drei Neuzugänge, die sich wunderbar integriert haben. Insgesamt neun Gäste haben unser Schwarmleben dieses Jahr bereichert, davon sieben Vermittlungstiere, von denen fünf bereits ein neues Zuhause gefunden haben*.

Ende Dezember wurde ein langjähriger Traum endlich wahr: Ein Umzug in eine größere Wohnung ermöglichte nicht nur die langersehnte Schwarmerweiterung mit meinem „Welliretter“, der seit über vier Jahren meine Wellis füttert, aus der Gardine fischt, zum Tierarzt fährt, manchmal leider auch liebevoll beerdigt und Tränen trocknet, sondern auch einen funktionierenden Kühlschrank und eine hundehaarfreie Waschmaschine (adé, du stinkende Gemeinschaftsbakterienschleuder!)… äh, quatsch, ich wollte natürlich sagen: EIN EIGENES VOGELZIMMER! Künftig können sich meine acht Tiere auf 20 m² ganztägig austoben und an vielen horizontalen und vertikalen Spielplätzen ihrer Nagewut frönen.

Auch der Blick in die Seiten-Statistiken motiviert mich, weiterhin für euch über unser gemeinsames Hobby zu bloggen! So hat der Blog im Jahr 2016 knapp 10.000 Leser erreicht mit rund 40.000 Seitenaufrufen mit monatlich steigender Tendenz, auf YouTube sind es inzwischen über 940 Abonnenten und täglich kommen neue dazu. Auch Google+ und Pinterest zeigen eine erfreuliche Entwicklung. Mein besonderer Dank gilt allen, die mich mit Lob, konstruktiver Kritik und gemeinsamen Projekten unterstützt und weitergebracht haben! Für das Jahr 2017 sind weitere spannende Videos und interessante Artikel in Planung; gerne nehme ich aber auch eure Themenvorschläge auf und freue mich (weiterhin) über die Zusammenarbeit mit anderen Bloggern, YouTubern, Facebookgruppen, Vereinen, engagierten Wellensittichhaltern und und und… 😀

Damit alle gut in das neue Jahr kommen, hier noch ein Silvester-Tipp:

Auch wenn es für die Wellensittiche unschön ist, so sollte man seine Tiere zum Selbstschutz bei Einbruch der Dunkelheit in einen (kleinen) Käfig sperren und die Türen verschließen. Am besten bestückt man den Käfig mit beweglichen Spielzeugen, da von diesen ein geringeres Verletzungsrisiko ausgeht, wenn sich die Wellensittiche in der Nacht erschrecken. Am besten verdunkelt man die Fenster, stellt eine Lichtquelle in Fensternähe auf (reduziert das Blitzlicht, das ins Zimmer dringt) und lässt die ganz Nacht leise das Radio an.

Einen guten Rutsch und ein glückliches, gesundes und wellireiches Jahr 2017 wünschen,

Wencke
mit Briciolino, Chiocciolina, Filuzzo, Icaro, Antonia, Venilia, Numidio und Piumetta

<3 unvergessen Pepita, Mäxchen, Piumina, Antonella, Pulcina und Violetta <3

*Das 2-3 jährige zutrauliche und ruhige Wellensittichpärchen, Bella und Bonito, suchen noch nach einem liebevollen Zuhause. Transport kann deutschlandweit organisiert werden; beide sitzen derzeit bei mir in Berlin. Bewerbungen auf die beiden laufen bitte über den VWFD: vermittlungen@vwfd.de

Welttierschutztag

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Heute, am 4. Oktober ist Welttierschutztag… und für mich persönlich ein kleines Jubiläum, da ich vor ziemlich genau 20 Jahren meinen ersten Wellensittich von meinen Eltern bekommen hatte. Zeit also, für ein kleines Resümee!

Meine Begeisterung für Wellensittiche liegt weiter zurück, als ich denken kann… man könnte fast sagen, sie ist mir in die Wiege gelegt worden: Bereits meine Mutter hatte seit ihrer Kindheit Wellensittiche und ihre letzte Henne starb an jenem Tag, als ich das Licht der Welt erblickte. Zu gerne hörte ich damals die Geschichte, wie meine Mutter an einem der kältesten Tage seit der Wetteraufzeichnung (Wetter in einigen Teilen Ostdeutschlands an diesem Tag bis -30 °C) bereits mit einsetzenden Wehen ihre Pepita weinend im See begrub und danach das Auto freibuddelte, um in den Kreissaal zu fahren.

Schon früh stand daher also fest: Wenn es Haustiere gibt, dann muss es ein Wellensittich sein! Wie viele Eltern, versuchten auch meine sich irgendwie aus dem Versprechen herauszuwinden. Als Kind durchschaut man die Gemeinheiten der Erwachsenen leider (oder zum Glück) noch nicht und so glaubte ich meiner Mutter, dass man wohl „sechs Jahre alt“ sein müsse, um alt genug für ein Haustier zu sein. Da ich noch einen drei Jahre jüngeren Bruder hatte, vertrieb ich mir die Wartezeit bis er sechs wurde, erst mit Bilderanschauen, später, mit Lesen von Büchern über Wellensittichhaltung und fieberte meinem neunten Geburtstag im Januar 1996 entgegen…

Es war kurz vor Heiligabend 1995 und ich rechnete fest damit, dass ich schon erstes Zubehör geschenkt bekommen würde, als unsere Eltern mich und meinen Bruder bei einem Abendspaziergang beiseite nahmen. „Und? Was wünscht ihr euch zu Weihnachten?“, fragten meine Eltern mit einem ungewöhnlichen Leuchten in den Augen. Ich sofort: „Einen Wellensittich!“ Natürlich wusste ich schon damals, dass Wellensittiche kein Weihnachtsgeschenk sind und ich sicher erst ein paar Wochen später einen blauen Welli, namens Max, kriegen würde (ich gehörte schon früh zu den Menschen, die genau wussten, was sie wollten! 😉 ). Meine Eltern ließen sich nicht beirren und ignorierten meinen Zwischenruf: „Und? Würdet ihr euch auch über ein Brüderchen freuen?“ „Nö! Ich will einen Wellensittich!“, sagte ich fröhlich und nicht ahnend, dass mir wenige Sekunden später der Traum eines Haustieres auf brutalste Weise genommen werden würde. „Ihr bekommt aber einen Bruder…“, stammelten meine Eltern nun doch sichtlich irritiert. Was dann geschah, vergaß man in ganz Nordberlin nicht so schnell: Es ertönte ein ohrenbetäubendes Geheul und Geschluchtse und die Tränen spritzten nur so aus meinen Augen. Da stand ich nun, kurz vor meinem ersehnten 9. Geburtstag, alleine im dunklen Wald, verheult und vor Kälte zitternd, verraten von den eigenen Eltern! Der einzige unerträgliche Gedanke war: „Nochmal sechs Jahre warten bis der Kleine so groß ist, dass ich ein Haustier haben darf?“ Das Weihnachtsfest 1995 war für mich gelaufen… keine Ahnung, was ich zum Trost geschenkt bekommen hatte, es war mir alles egal!

Glücklichweise hatten meine Eltern erbarmen mit mir und das Versprechen wurde ein paar Monate nach der Geburt meines jüngsten Bruders dann doch eingelöst: In der ersten Oktoberwoche 1996 zog eine kleine blaue Wellensittichhenne bei uns ein. Ich erinnere mich noch heute an jedes Detail: den Zooladen, die Qual der Wahl, die Aufregung – und dass ich durch die Herbstferien niemandem sofort von meinem großen Glück erzählen konnte.

Das Glück hielt leider nicht lange an, denn schon damals waren Wellensittiche in Zoogeschäften „Massenware“ und bei der Zucht wurde nicht viel Sorgfalt an den Tag gelegt. Ein knappes dreiviertel Jahr lang waren wir regelmäßig bei einer vogelkundigen Tierärztin, bis mein Vater eines Tages im Sommer 1997 alleine in die Praxis gebeten wurde. Als er traurig mit einer verschlossenen Pappschachtel zurückkam, brach für mich, damals 10 Jahre alt, eine Welt zusammen. Ich weiß nicht, wie viele Tage ich um meine kleine Pepita geweint hatte.

Jene Tierärztin hatte zu der Zeit selber gezüchtet und bot uns auf Nachfrage ein paar Wochen später ihr letztes Küken aus dem aktuellen Gelege an. Es war Liebe auf den ersten Blick und noch am selben Tag zog endlich der langersehnte Wellensittichhahn ein: Mäxchen!

Leider wusste man vor 20 Jahren noch nicht viel über den australischen Schwarmvogel, sodass selbst in Sachbüchern Einzelhaltung und – aus heutiger Sicht – tierschutzwidriges Spielzeug empfohlen wurde. Für die jüngeren unter meinen Lesern: Nein, Internet gab es für den „Ottonormalo“ auch noch nicht, geschweige denn Wellensittichforen, Infoseiten, Blogs oder Videos.

Mäxchen war ein langes und gesundes Leben vergönnt, aber, wie ich jetzt weiß, nicht das allerglücklichste, denn trotz aller Liebe und Zuwendung seitens der gesamten Familie, fehlte ein entscheidender Faktor: ein Partnervogel!

Heute, nach 20 Jahren Wellensittichhaltung, blicke ich zurück und weiß, dass ich vieles schon damals hätte besser machen können. Das schlechte Gewissen, aber vor allem die Einsicht sind heute mein größter Motivator meine Tierhaltung jeden Tag auf’s Neue kritisch zu hinterfragen und nach neuen, tiergerechten Ideen und Enrichment-Lösungen für meine Wellensittiche zu suchen. Auch wenn die meisten Wellensittiche bei engagierten Haltern ein gutes Leben mit Partnervogel (oder sogar in einem Schwarm) haben, sind wir noch lange nicht am Ziel und dürfen uns zurücklehnen. Es geht immer noch ein kleines Stückchen besser!

Und da ich nicht gerne mit dem Finger auf andere zeige, fange ich bei mir selbst mit den propagandierten Verbesserungen an: Mein Minischwarm aus derzeit acht Tieren zieht Ende des Jahres mit mir um! Meine Plüschies bekommen endlich ein eigenes 20 m² großes Zimmer (evtl. im Sommer sogar mit Außenbereich). 😀 Ich plane derzeit ein Welli-Paradies mit allem, was die kleinen Herzchen höher schlagen lässt. Meine Ergebnisse und Bastelarbeiten werde ich natürlich mit euch teilen – aber ich freue mich genauso über Tipps und Bastelideen von euch! Lasst uns gemeinsam, am heutigen Welttierschutztag, den vielen Wellensittichhaltern außerhalb der Foren und Communities zeigen, wie unglaublich toll und interessant unsere Tiere sind und wie sie in art- und tiergerechter Umgebung aufblühen!

Eure Wencke

mit Briciolino, Chiocciolina, Filuzzo, Icaro, Antonia, Venilia, Numidio und Piumetta.
Unvergessen im Hirseland: Violetti, Pulcina, Antonella, Piumina, Pepita und natürlich Mäxchen!

Für alle, die sich jetzt fragen, was aus meinem kleinen Überraschungsbruder geworden ist: Natürlich liebe ich ihn. Aus dem tollpatschigen Baby ist mein „Welli-Retter“ und zuverlässiger Tierpfleger geworden, wenn ich auf Reisen bin! Vielen Dank, dass ich mich immer auf dich verlassen kann, Philli :* Deine große Schwester

Handicap-Wellensittiche Teil 3: Erfahrungsberichte

Im dritten Teil der Mini-Serie über Handicap-Wellensittiche lasse ich einige Halterinnen zu Wort kommen. Mit kreativen Einrichtungsideen und sehr viel Liebe zum Detail wurde Käfige zu Spielparadiesen umgebaut, damit auch körperlich eingeschränkte Tiere aktiv am Schwarmleben teilnehmen können.

Die wenigsten Tierhalter planen von Anfang an, gehandicapte Wellensittiche aufzunehmen. Meistens „rutscht man da so rein“. Da auch die Umstände, der Krankheitsgrad des Tieres und auch das Wohnumfeld sehr unterschiedlich sind, ist es sehr hilfreich, sich als Halter von Handicap-Vögeln in einer Gruppe wie „Wellensittiche -Senioren & Handicaps“ auszutauschen. In gemeinschaftlicher Arbeit ist folgendes Video entstanden.

Neben den Videos und Bilder haben engagierte Wellensittichhalterinnen auch ihre Erfahrungen zu Papier gebracht und möchten ihre Ideen, Tipps & Wissen mit euch teilen. Den Anfang macht Annett, die Erfahrungen in der Einrichtung von behindertengerechten Käfigen hat: „Unser gehandicapter Max ist an PBFD erkrankt und hat daher einen großen Gefiederverlust und zudem eine Blutgerinnungsstörung. Er wird im August zwei Jahre alt und konnte noch nie fliegen… [weiter lesen].“

Mäxchen ist leider am 30. Januar 2017 verstorben.

Eigentlich sollte es eine kurze Mail an mich werden, um die Bilder für das Video zu beschreiben. Heraus kam ein ehrlicher und authentischer Erfahrungs- und Erlebnisbericht von Melanie. In ihrem Beitrag erfährt man auch von den Schattenseiten der Tierhaltung, den Kosten und das Leid, das Vogel und Tierhalter durchmachen. Melanie: „[…] Als ich eines Tages die Wohnung verlassen wollte, bin ich beinahe über einen Vogelkäfig gestolpert, der vor meiner Tür stand. Und da saßen nun zwei hübsche, offensichtlich noch junge Nymphensittiche! Ich habe es nie wirklich herausgefunden, wer sie mir vor die Tür gestellt hat… [weiter lesen].“

Ob Ballengeschwüre oder Arthrose: Als Halter von „fußkranken“ Vögeln sollte man unbedingt die Sitzstangen polstern. Das ist aber gar nicht so leicht, wie man denken könnte, da das Material fussel- und schlingenfrei sein muss, damit sich die Tiere darin nicht verheddern. Einen tollen Tipp sowie Links und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bekommen wir von Natascha: Anleitung hier lesen.

Manche Wellensittichhalter haben sehr schwerwiegende Fälle zu betreuen. So auch Tatjana: „Ich habe einen Wellensittich (meine Maggi), die es wirklich schlimm getroffen hat. Ein Fundtier aus dem Tierheim Ulm. Am Anfang dachten alle an ein Schleudertrauma, aber weil sie noch fraß und auf der Stange sitzen konnte, hat man sie nicht eingeschläfert. Also holte ich sie zu mir, ohne genau zu wissen, was ihr fehlt. Bei meinem vkTA konnten wir ein Augentrauma feststellen und das sie nichts hören kann. Sie sieht zwar, aber nur undeutlich. Er fragte mich auch direkt, ob man sie nicht erlösen solle, da so ein Leben für ein Welli nicht schön sei. Ich lehnte ab und wollte mich nicht damit abfinden, dass für sie nicht wenigstens eine Verbesserung zu erreichen war. Dazu muss man sagen, das sie es echt schwer hat mit der Orientierung hat und sich ständig im Kreis dreht. Da sie nichts hört und kaum was sieht, erkennt sie auch meine anderen Wellis nicht. Medikamente halfen alle nicht oder nur unwesentlich. Ich baute ihr ein Freigehege in meinem Vogelzimmer. Mit geschütztem Raum und sie kann direkt auch raus und auf dem Boden rumlaufen. Ich bastelte Spielplätze in Bodenhöhe und beobachtete sie. Am Anfang hatte sie es wirklich schwer sich zureckt zu finden. Aber Klettern konnte sie prima. Also sammelte ich sie bis zu 5mal am Tag wieder ein und brachte sie in ihren geschützen Bereich zurück. Mittlerweile fanden meine anderen fliegenden Wellis die kleine auch sehr nett und fingen an Kontakt aufzunehmen und sich um sie zu
kümmen. Da Maggi sie nicht erkannte, schimpfte sie immer sehr deutlich wenn einer der Wellis ihr zu nahe kamen. Aber mittlerweile klappt es sehr gut. Sie hat jetzt immer einen Aufpasser (einer aus 18 Wellensittichen) dabei. Immer mal ein Anderer. Läuft sie in eine Sackgasse, wird sie liebevoll am Schnalbel geführt. Ist sie unsicher ob sie weiter kommt, wird sie leicht angestupst. Und sie findet selber zu ihrem geschützten Bereich zurück um zu fressen und Wasser aufzunehmen.“

Maggi ist leider im September 2016 überraschend verstorben.

 

Carpe Diem

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Carpe Diem – eine bekannte lateinische Sentenz, die dazu aufruft, jeden einzelnen Tag zu genießen, denn nichts ist so vergänglich und unwiederbringlich wie verstrichene Zeit. Als langjähige Besitzerin von mehreren Wellensittichen erlebt man viel Schönes und Lustiges, aber auch viel Leid und leider auch Abschiede. Dies ist die viel zu kurze Lebensgeschichte von dem Küken Pulcina.

Die schönsten Geschichten schreibt der Zufall. So habe ich vor zweieinhalb Wochen beim letzten Tierarztbesuch mit Violetti am Schwarzen Brett einen Aushang gesehen, auf der die Madeira II in Grau – also genau mein Käfig-Modell und nur 6 Monate benutzt – für einen Spottpreis angeboten worden ist. Klar, dass ich da gleich zugeschlagen wollte bei so vielen kranken Wellensittichen in letzter Zeit. Ich kann es durch meinen Krankenhausaufenthalt vor einem Jahr nur zu gut verstehen, was es heißt, wenn man krank ist und dann nicht mal seine gewohnte Umgebung hat. So geht es sicher auch meinen Wellensittichen, wenn sie im alten, kleinen Quarantänekäfig auf ihre Genesung warten müssen. Daher hielt ich schon seit Längerem die Augen nach einer zweiten Madeira II als Quarantänekäfig offen.

Am Samstag vor genau zwei Wochen, war es dann so weit: Die Verkäuferin nannte mir einen Treffpunkt auf dem Hof eines mit ihr befreundeten Papageien-Halters außerhalb von Berlin. Beim Abholen der Voliere haben mein Freund und ich dann festgestellt, dass es sich um einen Züchter handelt, der auch Wellensittiche verkauft. Schon beim ersten Blick in eine seiner Volieren sah ich, dass da unten auf dem Boden etwas durch den Kot kroch, was im ersten Augenblick nach einem Küken mit Behinderung oder PBFD aussah. Der Züchter meinte nur entschuldigend, dass ich mich nicht daran stören sollte, er ist einfach noch nicht dazu gekommen „es tot zu machen“. Ich spürte nur den eisigen Blick meines Freundes in meinem Rücken, der ganz klar „Nein!“ bedeutete, und wir gingen hinaus, um die Voliere zu demontieren. Nach einer kurzen, aber erfolglosen Diskussion unter vier Augen sind wir dann wieder Richtung Berlin gefahren. Kurz vor Berlin nahm mein Freund laut fluchtend die Ausfahrt in die entgegengesetzte Richtung und fuhr zurück zum Züchter. Der Herr war ziemlich überrascht, dass ich das kranke Küken haben wollte und schenkte es mir mit den mitleidigen Worten: „Ich kann Ihnen aber auch einen anderen geben, einen gesunden!“ Als ich ihm dann sagte, dass ich am Montag gleich zum Tierarzt gehe, meinte er noch, dass „wenn der nichts ist, dann kann ich den auch umtauschen“… wahrscheinlich sehr nett gemeint von dem Züchter, aber das Küken hätte keinen Tag länger überlebt, da es komplett abgemagert und dehydriert war. Eine liebe Bekannte aus der Welli.net-Gruppe, die sich ehrenamtlich und auf eigene Rechnung um Notfälle kümmert und diese nach der Genesung in gute Zuhause vermittelt, ist gleich vorbeigekommen und hat mir Handaufzuchtsfutter mitgebracht. Die erste Portion ist von dem Küki sofort verschlungen worden!

Am Montag war ich gleich beim vogelkundigen Tierarzt und bin erleichtert gewesen, dass anhand der Kotprobe und des Kropfabstriches nichts Auffälliges gefunden werden konnte. Der einzige Markel waren die verkrüppelten Füßchen, aber das Küken kam damit gut zurecht. Vier Tage lang habe ich das Küki mehrmals täglich mit der Pipette gefüttert. Ich hatte die kleine Henne, die wir Pulcina (italienisch für Küken) getauft haben, auch auf der Arbeit dabei. Ganz artig hat sie von Fütterung auf Fütterung in ihrer Transportbox gesessen und leise gewartet. Am Ende des vierten Tages war sie so fit und munter, dass sie nicht nur alleine fressen und trinken konnte, sondern sogar ihre ersten Flugversuche durch das Vogelzimmer unternommen hat. Ich war stolz wie Bolle! Ich hatte noch nie zuvor ein Küken per Hand gefüttert und es war eine anstrengende, aber wunderschöne Erfahrung. Wer nicht genau weiß, was ich mit anstrengend meine: So ein Küken muss mindestens 4x täglich gefüttert werden – und pro Fütterung sitzt man rund 1,5 Stunden! 😀

Meine Freude teilte ich auch auf meiner Facebook-Seite Wellensittiche Blog & Videos sowie in der Gruppe Wellensittiche -Senioren&Handicaps-. In dieser Gruppe finden Halter von älteren, chronisch kranken und behinderten Wellensittichen Rat, Hilfe und Beistand. Die Resonanzen waren überwältigend: Anscheinend hatte Küki nicht nur mich mit ihren süßen Kopfäuglein in ihren Bann gezogen!

Die erste Woche verging mit Küki wie im Flug. Durch die anstehenden Klausuren hatte ich mit drei Urlaubstagen mein Wochenende verlängert, so dass ich nicht nur intensiv lernen, sondern auch die Zeit mit Küki, Violetti und den anderen Wellis genießen konnte. Da sich Violettas Zustand nicht bessert, widme ich ihr und den anderen in den letzten Wochen ganz bewusst meine wenige Zeit, die mir neben Arbeit und Studium bleibt. Man weiß nie, wie viele gemeinsame Stunden uns noch bleiben.

Pulcina-Küki war zwar tagsüber, wenn ich arbeiten war, in der baugleichen Quarantänevoliere untergebracht, aber nachmittags und abends hüpfte sie mit den anderen durch das Zimmer. Pulcina flog bereits nach wenigen Tagen wie eine „Große“ durch den Raum, landete immer sanft auf der Voliere und erkundete schon ihr baldiges Zuhause. Trotz der küppligen Zehen konnte sie klettern und sich sicher auf den Stangen, Zweigen und Seilen halten. Die letzten drei Nächte schlief sie sogar schon in den Schlafringen bei den anderen Wellensittichen.

Heute Morgen jubilierte ich innerlich, denn ich hatte vor zwei Wochen nicht daran geglaubt, dass das Küki überlebt. Nun saß sie da, sortierte Rindenstückchen von CHIPSI aus einem großen Untersetzer, fraß mit den anderen aus den selben Näpfen oder flog mit ihnen durch den Raum. Zum Mittagessen kam mein Freund bei uns vorbei. Wir kuschelten und spielten mit dem kleinen, frechen Küki, bis es keine Lust mehr hatte und zu den anderen zurückflog. Bis auf das Wetter war der Tag perfekt!

Nach dem Mittagessen rief mein Freund plötzlich: „Schau mal – Violetti!“. Ich rannte sofort zur Voliere: mein kleiner Spatzi lag mit geschlossenen Augen halb auf der Seite auf dem Sitzbrettchen. Mit blieb fast das Herz stehen! Seit Wochen kämpfen wir mit allen medizinischen Mitteln um ihr Leben und ich hatte das Gefühl, dass sie noch Lebensqualität besitzt, so wie sie den Abend zuvor Möhrchen und Gurke geschreddert hatte. Mir schoßen die Tränen in die Augen. Ich bat mein Freund, das Fenster zu schließen, da wir kurz gelüftet hatten, und öffnete die Tür des Käfigs. Wie von der Tarantel gestochen, schoss Violetta von ihrem Sitzbrettchen hoch, wechselte auf ihre Lieblingsschaukel und fing an sich zu putzen. Uns fiel ein Stein vom Herzen! Fehlalarm! Alles gut, Violetti lebt! Volierentür geschlossen, jetzt kann das Fenster wieder auf und wir beginnen das Geschirr abzuräumen. Auf einmal hörte ich einen ungewohnten fiependen Laut…

Um kurz vor 14 Uhr bekam Küken Pulcina völlig unerwartet und ohne vorherige Anzeichen einen kurzen, aber heftigen Krampfanfall. Ich habe sie aus dem Käfig genommen, meinem Freund in die Hand gelegt, um ihre verkrampften Füßchen und zitternden Flügelchen zu massieren und parallel die Tierärztin anzurufen. Noch bevor es ein Freizeichen gab, entspannten sich alle Muskeln und Küki schlief ruhig in der warmen Hand meines Freundes ein…

Da mein Freund zur Arbeit musste, wandte ich mich an seinen Vater. Er hatte mir schon vor zwei Jahren, als Piumina und Antonella verstorben sind, angeboten, meine Tiere auf seinem Grundstück zu begraben. Damals hatte ich abgelehnt, da ich meine beiden Hennen so beerdigen konnte, dass ich die Stelle vom Balkon meiner jetzigen Wohnung aus sehen kann. Da mein Freund und ich aber derzeit nach einem „größeren Wellizimmer“ Ausschau halten und ich die Gegend sicher bald verlassen werde, kam ich auf das Angebot zurück. Der Vater meines Freundes, selber Tierhalter, kam sofort vorbei, holte Küki und mich ab und suchte in seinem Garten den wohl schönsten Platz für ein kleines Grab aus: eine Efeubedeckte Stelle zwischen einem großen Flieder und einer wunderschönen Rosenhecke. Im Nieselregen beerdigten wir Küken Pulcina.

Auf dem Rückweg dachte ich über die Phrase „Happy End“ nach. Irgendwie ist es das… ein Ende, aber ein glückliches. Eigentlich sollte es heute ein schöner Beitrag werden anlässlich der zweiten Woche nach ihrem Einzug. Ich bin sehr traurig, dass Pulcina nicht mehr da ist und gleichzeitig bin ich glücklich, dass wir vor zwei Wochen auf halber Strecke kehrt gemacht haben, um sie zu holen. Wir haben alles getan, um ihr die schönsten zwei Wochen ihres Lebens zu bereiten.

Es gab auf Facebook viele liebe und tröstende Kommentare auf die Nachricht über Pulcinas Tod. Ein Mitglied der Gruppe Wellensittiche -Senioren&Handicaps formulierte es besonders schön:

Wisst ihr, manchmal kämpft man und versucht alles, um auch den Zwergen mit schlimmen Startschwierigkeiten ein Leben zu ermöglichen, und dann ist ihnen dennoch keine lange Zeit vergönnt – das erscheint einem einfach verdammt unfair. :'( Aber gleichzeitig finde ich es immer tröstend zu wissen, dass diese Würmchen noch einmal Liebe, Fürsorge und ein richtiges Leben haben durften – da zählt nicht die gelebte Zeit, sondern wie diese Zeit war. Kükie hatte das Glück, dass ihr ihr diese Chance gabt und sie hat sie genutzt. Es war zwar nicht lange, aber immerhin durfte sie noch einmal wissen, wie man sich als Welli fühlen sollte und wie Federlose auch sein können. […]

Zuhause angekommen, habe ich die Quarantänevoliere leergeräumt, das kleine Küki-Häuschen geputzt und auch die andere Voliere nochmals gereinigt, da ich den Anblick der Rindenstückchen nicht ertragen konnte, die Küki noch vor wenigen Stunden durch die Gegend geworfen hatte. Auf dem Weg zum Müllhäuschen brach die Wolkendecke auf und die Sonnenstrahlen verwandelten die Regentröpfchen auf den Grashalmen der Wiese und den Blättern der Bäume und Sträucher in Abermillonen kleiner, glitzernder Diamanten. Ich blieb stehen und atmete tief in meine vor Tränen und Trauer schmerzenden Nebenhöhlen ein. Im Beutel zwischen dem Einstreu entdeckte ich eine winzige grüne Feder. Ich nahm den kleinen, letzten Gruß von Pulcina und legte mir das Federchen in den geöffneten Handballen. Sie leuchtete Smaragdgrün und funkelte im Abendlicht. Ein aufkommender Windstoß bließ mir die kleine Feder aus der Hand und trug sie fort. Ich wollte ihr erst nach, verharrte dann aber in der Bewegung… manchmal muss man auch loslassen können.

Lebewohl kleines Küki, wir werden deine süßen Knopfaugen und dein kleines Kämpferherz niemals vergessen! <3 Grüße bitte Pepita, Mäxchen, Piumina und Antonella im Hirseland von uns!

Typische Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen

… und warum sie nicht stimmen! Aus eigener Erfahrung kenne ich die fünf typischen Vorurteile gegenüber Abgabevögeln. Im folgenden Blogbeitrag schreibe ich über ein persönliches  Herzensthema, setze ich mich mit den häufigsten Argumenten auseinander und hoffe, auf diese Weise den einen oder anderen zum Umdenken bewegen zu können.

Nobody is perfect – auch ich hatte bis vor zwei Jahren keine „second hand“-Wellensittiche. Das war keine böse Absicht, sondern passte einfach altersmäßig nicht. Ich wollte außerdem gesunde Tiere, die lange (bei mir) leben und zudem wusste ich auch nicht genau, an wen ich mich hätte wenden können. Ihr merkt es sicher schon: Ich wäre damals die wohl beste Adressatin meines heutigen Blogbeitrages gewesen! 😉

Kurzer Rückblick: Mitte November 2013 zogen nach einigen Jahren „wellifreier“ Zeit Briciolino und Piumina aus einem Zoogeschäft bei mir ein. Nach dem Eingangscheck stand leider fest, dass die junge Henne starken Trichomonadenbefall hatte, an dem sie trotz Behandlung leider im Januar 2014 verstarb. Zu spät nahm ich die Warnung anderer Wellensittichbesitzer ernst, keine Tiere im Zoohandel zu kaufen, um das Leid nicht noch finanziell zu unterstützen!

Da Wellensittiche, wie andere Vögel auch, nicht einzeln gehalten werden dürfen, kaufte ich wieder eine junge Henne – diesmal aber beim Züchter in der Nähe. Die Zuchtanlage durfte ich mir zwar nicht anschauen, angeblich um die brütenden Tiere nicht zu stören, aber ich vertraute auf die guten Feedbacks im Internet. Das auch Chiocciolina gesundheitlich stark eingeschränkt ist und bis heute eine Dauermedikation braucht, merkte ich erst beim Eingangscheck. Klar, das kann auch dem besten Züchter passieren, dachte ich und glaubte an eine Ausnahme. Im August 2014 wollte ich von zwei auf vier Wellensittiche aufstocken und kaufte wieder bei dem Züchter. Bereits im Laden hatte ich ein komischen Gefühl: Die Zuchtanlage durfte ich wieder nicht sehen, das angebotene Tier schien jünger zu sein als angegeben und trotz der Einschätzung des Züchters, es handle sich um einen Hahn, nannte ich die Kleine Antonella – zurecht, wie die Obduktion ergab, denn nach 10 Tagen verstarb die junge Henne überraschend. Grund war ein multiples Organversagen ausgehend von den Nieren. Recherchen ergaben: Im Schwarm des Züchters lebten und vermehrten sich – wohl wissend – Tiere mit PBFD (verständlich erklärt auf birds-online.de: Psittacine Beak and Feather Disease) und ich war bei Weitem nicht die einzige Kundin, die kranke, bzw. nach kurzer Zeit verstorbene Jungvögel gekauft hatte!

Sehr bestürzt über die beiden Verluste innerhalb eines halben Jahres stand ich vor der Wahl: entweder den Wunsch nach zwei weiteren Schwarmmitgliedern zurückstellen und riskieren, dass beim plötzlichen Tod einer meiner beiden Wellis wieder einer alleine zurückbleibt oder… oder es wagen, Abgabewellensittichen eine Chance auf ein (halbwegs) gutes Leben bei mir zu geben. Ich war an einem Punkt angelangt, wo es eh nicht hätte schlimmer werden können! Denn eines hatte ich gelernt: Zoohandel und Züchter, egal wie gut oder schlecht, sind auch keine Garantie für gesunde Tiere.

Ich möchte weder Zoohandel noch Züchter unter Generalverdacht stellen, aber ich hoffe, dass ich mit meinen Erlebnissen bei dir, liebe Leserin oder lieber Leser, drei Dinge erreichen konnte:

  1. Lass dir kein Tier aufquatschen, mache dir ein Bild von der Zuchtanlage und den Elterntieren, höre auf dein Bauchgefühl und unterstütze keine tierquälerischen Zuchtanlagen durch Mitleidskäufe.
  2. Nimm den Eingangscheck ernst und gebe dafür lieber gleich am Anfang 30-60 Euro beim vogelkundigen Tierarzt aus, anstatt für mehrere 100 Euro alle deine Tiere behandeln zu müssen.
  3. Gib Abgabetieren ein Chance! Dass die gängigsten Vorurteile nicht stimmen, erfährst du weiter unten.

Die fünf typischen Vorurteile gegenüber Abgabewellensittichen:

1. Wellensittiche aus zweiter Hand sind immer krank!
Falsch! Wellensittiche aus zweiter Hand werden mit den unterschiedlichsten Begründungen abgegeben, seltenst aber, weil sie Krankheiten haben. Dennoch sollte man grundsätzlich bei Neuzugängen niemals auf den Eingangscheck beim vogelkundigen (!) Tierarzt verzichten, auch wenn man von den Vorbesitzern zu hören bekommt, das Tier sei gesund!

2. Wellensittiche aus Abgaben sind immer alt und leben nicht mehr lange!
Falsch! Da Wellensittiche im Anschaffungspreis sehr günstig zu erwerben sind, gibt es leider sehr viele Menschen, die sich unüberlegt und spontan ein Haustier kaufen, ohne sich der jahrelangen Verantwortung, die ein Tier mit sich bringt, bewusst zu sein. Daheim entpuppen sich die neuen Familienmitglieder als scheu dem ungeduldigen Menschen gegenüber, sind laut und wirbeln jede Menge Federn, Kot und Körner durch die Wohnstube. Ein anderer „Klassiker“ sind ungewollte Zuchten durch Anbieten eines Nistkastens. Auch scheinen einige Eltern machmal zu vergessen, dass Tiere kein adäquates Spielzeug für Kinder sind. Diese Tiere landen in der Regel bereits ein paar Wochen nach dem Kauf im Tierheim oder werden bei ebay Kleinanzeigen verscherbelt. Natürlich gibt es auch traurige Abgabefälle, zum Bespiel, weil sich Menschen wegen gesundheitlicher Probleme von ihren Lieblingen trennen müssen oder weil der Halter verstorben ist. Abgabewellensittiche gibt es daher in allen Altersklassen: von ganz jung bis hin zum Senior! Am besten wählst du ein Tier, dass vom Alter her zu deinem bestehenden Schwarm passt.

3. Wellensittiche aus zweiter Hand werden nicht mehr zahm!
Falsch! Die Zutraulichkeit eines Wellensittichs liegt nicht am Alter, sondern am Halter… und an seinem Charakter. In meinem Videotutorial „Wellensittiche zähmen in fünf Schritten“ siehst du meinen Icaro, einen älteren Abgabevogel, der innerhalb weniger Wochen mit Ruhe und Geduld kleine Tricks und Übungen gelernt hat und mir jetzt regelmäßig „die Haare schön“ macht, wenn er auf meinem Kopf rumhüpft. Außerdem verlieren Wellensittichbabies nach der Jungmauser ihre „Kükenzahmheit“ und sind in jungen Jahren in der Regel viel ungeduldiger, wilder und beim Training weniger konzentriert als ältere Tiere.

4. Bei Abgabewellensittichen weiß man nicht, wo sie herkommen!
Falsch! Wer seinen Wellensittich aus privater Hand übernimmt, sieht sehr wohl, wie das Tier bisher gelebt hat, wie das Verhältnis zum vorherigen Halter war und was die Abgabegründe sind. Bei Tieren aus dem Zoohandel ist das nicht möglich. Wie das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ und  DER SPIEGEL im April 2015 recherchierten, kommen die meisten Tiere für Zooländen aus dem Ausland, wo sie massenweise zu kommerziellen Zwecken unter schrecklichen Bedingungen vermehrt werden. Natürlich kann auch ein unüberlegt angeschaffter Abgabevogel unter solchen Verhältnissen geschlüpft sein, aber durch die Zeit beim Vorbesitzer bekommt man in der Regel mehr Informationen über das Tier und eventuelle Krankheiten als im Zoohandel oder beim Züchter.

5. Abgabewellensittiche gibt es nur im Tierheim!
Falsch! Die Ausrede, dass man ja gerne einem Abgabetier eine Chance geben würde, das nächste Tierheim allerdingst zu weit weg läge, gilt seit der Erfindung des Internets nicht mehr! Täglich wird ebay Kleinanzeigen deutschlandweit mit neuen Anzeigen geflutet – ein Blick lohnt sich daher immer! Des Weiteren gibt es Vermittlungsforen, über die man per Schutzvertrag Wellensittiche bekommen kann. Als Beispiel seien hier die Seiten www.welli.net (Forum für private Wellensittichhalter) und www.vwfd.de (Verein der Wellensittich-Freunde Deuschland e. V.) aufgeführt. Wer in der Nähe eines Tierheims wohnt, kann selbstverständlich auch dort nach Abgabewellensittichen fragen. Der Vorteil bei guten Tierheimen ist, dass die Tiere oft schon tierärztlich untersucht worden sind und daher Angaben zu eventuellen (chronischen) Krankheiten vorliegen.

Last, but not least gibt es deutschlandweit viele private Pflegestellen von engagierten Papageienhaltern, die ehrenamtlich und auf eigene Kosten Tiere in Not aufnehmen, Eingangschecks sponsorn und Mitfahrgelegenheiten organisieren, um Abgabetieren eine zweite Chance in einem besseren Haushalt zu ermöglichen. An dieser Stelle vielen, vielen Dank an alle, die sich für Abgabetiere aller Art engagieren, die ihre Zeit opfern, denen kein Weg zu weit ist und keine Kosten zu hoch sind!

HINWEIS: Wer Vermittlungswellensittichen helfen will, selber aber keine Tiere aufnehmen möchte, kann zum Beispiel den Verein der Wellensittich-Freunde Deutschlands (VWFD) e. V. beim Shoppen auf amazon & Co. ohne zusätzliche Kosten ganz nebenbei unterstützen. Besucht dazu die Partnerseiten, wie zum Beispiel amazon, über die angegebenen Links und die Partnerorganisationen überweisen pro Bestellung einen Betrag auf das VWFD-Konto. Die Rechnung wird dadurch nicht höher! Setzt daher einfach ein Browser-Lesezeichen auf diese Seite und besucht die VWFD-Partner nur noch über diese Links. Mehr Informationen zu den Spenden erhaltet ihr beim VWFD e. V.


NEU: Wir sind jetzt auch auf Facebook unter: https://www.facebook.com/wellensittiche.blog.videos/ und über folgende Domain zu erreichen: www.wellensittiche-blog.de

Was tun bei Missständen in Tierhandlungen?

Immer wieder liest man in Facebookgruppen oder Tierforen von Missständen in Tierhandlungen, Baumärkten oder bei unseriösen Züchtern. Die Internetgemeinde regt sich auf – zurecht! Leider bleibt es in den meisten Fällen nur bei ein paar Kommentaren, gehandelt wird aber kaum.

Woran mag das liegen? Mir ist aufgefallen, dass das Aufzeigen von Missständen oft von  Unsicherheit begleitet ist. Es wird primär nach Handlungsempfehlungen gefragt. Mit der Antwort „Melde das dem Amtstierarzt“ sind viele (vor allem jüngere) User zu Recht überfordert und belassen es bei dem Post in der Community. Wenn aber bereits in der Zoohandlung (Baumarkt, Züchter) keine artgerechte Tierhaltung vermittelt wird, wie wird es dann erst bei den zukünftigen Tierhaltern aussehen? Gerade Anfänger in der Tierhaltung sind auf die Empfehlungen der Verkaufsstellen angewiesen und orientieren sich daran. Wie geht man also am besten vor, um den Tieren zu helfen?

  1. Bist du in einer Tierhandlung (Baumarkt/Züchter), in der die Tierhaltung in deinen Augen Grund zur Beanstandung gibt, dann dokumentiere die Missstände als erstes mit Beweisfotos. Am besten mit eingeblendetem Datum und Uhrzeit und vergesse nicht, für eine umfassende Dokumentation auch von außen ein Foto vom Geschäft zu machen.
  2. Erkundige dich bei dem Personal nach dem Ansprechpartner für die entsprechende Abteilung. Ist nur ein einzelnes Tier betroffen (weil es zum Beispiel gesundheitliche Probleme hat), kannst du den Zuständigen darauf hinweisen und ggf. fragen, ob man das Tier außerhalb des Verkaufsraums tierärztlich betreuen kann. Ist die Haltung in der Tierhandlung ansonsten in Ordnung und andere Tiere scheinen nicht beeinträchtigt zu sein, wird man dir in der Regel sogar für den Hinweis danken! Gerade in großen Geschäften ist das Personal oft in Verkaufstätigkeiten eingebunden und kontrolliert daher nicht stündlich alle Käfige.
  3. Möchtest du sachliche Kritik an der Haltungsform üben, so konzentriere dich auf die wesentlichsten Punkte. So ein wesentlicher Kritikpunkt kann beispielsweise ein verdreckter oder leerer Futternapf oder verschimmelte Trinkgefäße sein. Auch nicht-tiergerechtes Spielzeug in den Präsentationskäfigen kann Anlass zur Beschwerde geben. Allgemeine Kritik an dem Verkauf von Tieren in Zoohandlungen sowie emotionale Ausbrüche helfen den Tieren vor Ort nicht!
  4. Wenn du freundlich und sachlich bleibst, dann wird dir in der Regel auch freundlich und sachlich geantwortet. Oft bekommt man die Antwort, dass die Entscheider/Filialleitung nicht im Haus sind/ist und man deine Kritik weiterleiten wird. Bedanke dich und erfrage den Namen des Filialleiters und lasse dir die direkte Emailadresse geben. Auch wenn du dich in diesem Moment unwohl fühlst, denke daran: du bist der Kunde und du entscheidest zusammen mit anderen Tierhaltern über die Zukunft dieses Unternehmens!
  5. Solltest du die direkte Ansprache des Personals vor Ort scheuen, dann geh‘ nicht gleich zu Facebook oder in ein Forum, sondern recherchiere die Emailadresse des Unternehmens im Internet. Unter Impressum findest du alle wichtigen Informationen (Name des Geschäftsleiters/ allgemeine Mailadresse).
  6. Per Mail kannst du nun in aller Ruhe von Zuhause aus dein Anliegen formulieren. Achte auch hier auf sachliche Richtigkeit der Darstellung, füge deine Beweisfotos an und setze eine angemessene Frist zur Erfüllung. Da bei der digitalen Kommunikation Mimik und Gestik fehlen, ist hier besonders auf eine höfliche, sachliche und konkrete Ansprache zu achten. Niemand wird gerne verbal angegriffen! Je sachlicher und konkreter deine Hinweise sind, desto eher werden sie umgesetzt!
  7. Warum ist es wichtig eine Frist zu setzen? Bei verschmutzten Näpfen muss häufig Rücksprache mit der Geschäftsführung gehalten werden. Der einzelne Mitarbeiter kann also nicht eigenmächtig handeln. Eine Frist von 14 Tagen ist also angemessen. Solltest du auf deine Mail keine Antwort erhalten haben, dann schau nach Ablauf der Frist nach, ob die Missstände beseitigt worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, so wiederhole deine Bitte per Mail mit etwas mehr Nachdruck und füge die abermals gemachten Beweisfotos bei. Hat der Laden bereits reagiert, dann bedanke dich. Das zeigt, dass du ein aufmerksamer Kunde bist, der dem Geschäft trotz des anfänglichen Missstandes weiterhin wohlgesonnen ist und macht den Laden auch in Zukunft empfänglich für sachliche Kritik.
  8. Was ist denn nun mit dem Amtstierarzt, an den man sich laut vieler Kommentare im Netz immer wenden soll? Meine Erfahrung zeigt, dass dieser Schritt in den allermeisten Fällen nicht nötig ist. Spätestens nach der zweiten Mail sind die Missstände behoben, denn Tierhandlungen leben nun mal von kaufkräftigen Tierliebhabern und können es sich in Zeiten des Onlinehandels und steigender Vernetzung von Tierfreunden in Foren und Interessengruppen nicht leisten, negativ aufzufallen.
  9. Sollten alle Bemühungen nicht helfen, so kann man als Ultima Ratio den gesamten Schriftverkehr inklusive der Beweisfotos an das zuständige Veterinäramt weiterleiten. Das zuständige Amt muss allen Anzeigen (auch den anonymen Hinweisen) nachgehen. Um die Amtstierärzte nicht voreilig mit (kleineren) Missständen in Zoohandlungen (Baumärkten/Züchtern) zu belasten, versuche bitte über die direkte Kommunikation eine Lösung herbeizuführen.

Wie bereits unter Punkt 8 angedeutet, reicht in den meisten Fällen eine Mail. Die unten aufgeführte Mail ging vor einiger Zeit an eine mir bis dahin unbekannte Filiale einer bekannten Tierbedarfskette. Die Reaktion im Laden war zwar freundlich, aber man fühlte sich nicht ausreichend zuständig, um die Missstände sofort zu beheben. Die Antwort auf meine Mail war freundlich und man versicherte mir, dass man zukünftig auf saubere Trinkgefäße achten und alle Tiere zeitnah tierärztlich untersuchen lassen werde. Auch die Küken habe man aus dem Verkaufsraum genommen und mit dem Muttertier separat gesetzt. Eine Kontrolle zwei Wochen später bestätigte mir, dass zumindest Trinknäpfe ausgetauscht und die Küken aus dem Verkaufsraum genommen wurden. Inzwischen (Stand Dezember 2015) ist der gesamte Verkaufsraum tiergerecht umstrukturiert worden und gibt Neulingen in der Tierhaltung einen ersten Eindruck davon, wie Tiere in Bezug auf Platzangebot, Spielzeug und Sauberkeit gehalten werden sollten*.

* Meine persönliche Meinung zum Thema „Verkauf von Tieren in Zoohandlungen/Baumärkten“ halte ich hier bewusst zurück, da es nicht Gegenstand des Artikels ist.

Diese Mail darf gerne als Vorlage genommen werden, wenn du Missstände in Zooläden/Baumärkten/Züchtern entdeckst.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich war am verkaufsoffenen Sonntag, den 15.6.14, in der Filiale *NAME* in *ORT*. Während meines Einkaufs sind mir zwei Dinge sehr negativ aufgefallen:

1. Die Trinkbehälter der Ziervögel sind komplett verschimmelt. (Schwarzer) Schimmel ist für Wellensittiche und Co. nicht nur gesundheitsschädlich, sondern kann den Verdauungstrakt derart schädigen, dass es für die Tiere lebensbedrohlich sein kann! In den Käfigen warteten bereits offensichtlich kranke und erschöpfte Tiere auf einen Käufer.

2. Mir ist bei den Kanarienvögeln ein Jungtier aufgefallen, das – noch nicht flügge – aus dem Nest gefallen ist und somit nicht mehr von seiner Mutter gefüttert wurde. Zudem haben in dem Käfig andere Vögel dem Muttertier durch permanentes Jagen die Fütterung der Küken im Nest erschwert.

Ich bitte ich Sie – auch im Sinne Ihrer Kunden – die kranken Tiere durch einen fachkundigen Tierarzt untersuchen zu lassen. Darüber hinaus gehören für meisten Tierfreunde Brutkästen und Brutmöglichkeiten grundsätzlich nicht in Verkaufsräume und sprechen daher nicht für die Seriosität Ihrer Filiale!

Auf beide Sachverhalte habe ich den zuständigen Mitarbeiter aus der Ziervogelabteilung angesprochen, der dies an die Filialleitung weiterleiten wollte.

Ich – als langjährige *NAME DES LADENS*-Kundin – erwarte, dass Sie meiner Bitte um Auswechslung der Trinknäpfe bis spätestens Freitag, den 27.6.14, nachkommen und den Vögeln zukünftig keine Brutmöglichkeiten mehr in dem Verkaufsraum bieten. Weitere Schritte behalte ich mir vor.

Mit freundlichen Grüßen,

XYZ